Am Freitag 30.10.2015 war FM Kompakt zu Besuch bei der Neuen 107,7 in Stuttgart - Philip Grohm (Geschäftsleitung) und Okofo Addai (Leiter Technik) nahmen sich viel Zeit für unsere Gruppe. Wir bekamen viele interessante Infos rund um den Sender, der mit viel Enthusiasmus, Herzblut sehr professionell produziert wird. Zum Abschluss ging es in das urige Restaurant "Ochs`n Willi" zum gemütlichen Ausklang.

Das gemeinsame Foto mit Dame (Christiane Wilms) auf FMK-Facebook gepostet.

Hier der Link zu den Bildern des Radiotages in Stuttgart - viel Spaß mit 30 Fotos von der Neuen 107,70 und vom gemütlichen Ausklang beim Ochs`n Willi cool

neuerdings.com besuchte mal wieder einen Rundfunksender. Diesmal einen, der noch sendet und nicht abgerissen wird. Nur die Musik ist manchmal etwas älter.

Ok, "die heißesten Hits der 70er, 80er, 90er und von heute" versprechen sie ja alle, die Dudelfunker landauf, landab. Die meisten spielen dabei allerdings Pop und nicht Rock.

2007 suchte ich daher, als ich als Korrektor der Mathe-Olympiade in Karlsruhe von einer Magen-Darm-Grippe niedergeschlagen im Hotelzimmer am mitgebrachten Radio drehte, zunächst vergeblich etwas Anhörbares. erst ganz am Ende der Skala klang es plötzlich besser. Sound aus der Königstraße, aus der Fußgängerzone von Karlsruhe. Nein, es war gar nicht Karlsruhe, sondern Stuttgart!

Ok, mit einem Degen 1103 hatte ich durchaus einen DX-tauglichen Weltempfänger bereit, doch das verblüffte dann schon...aus der Stuttgarter Fußgängerzone bis nach Karlsruhe?

Nun, der Sender steht natürlich nicht in der Stuttgarter Fußgängerzone, sondern auf einem Funkturm auf einem Stuttgarter Berg - in der Fußgängerzone ist nur das Studio. Trotzdem eine ordentliche Reichweite und ein gutes Programm! Als FM Kompakt diese Station besichtigen willte, war ich deshalb dabei.

Wie vor Thomas Gottschalk und heute leider wieder allgemein üblich, ist die Musik von einer Musikredakteurin vorausgewählt. Der Moderator darf zwar die Titel selbst abfahren, aber nicht auswählen und dazu nur noch die Ansagen machen. Titel darf er auch nur von der Playlist streichen, wenn die Zeit nicht reicht, und wenn ihn Phil Collins noch so sehr zum Speien bringen sollte...

Damit gefällt einem das Programm auf Anhieb beim ersten Reinhören. Hört man es täglich, kann es einem allerdings eventuell wieder zu viel werden, weil eben eine Person die Musikrichtung festlegt und es keinen Wechsel mehr zwischen den Vorlieben verschiedener DJs gibt. Tatsächlich wird bei der "Neuen 107.7" auch nur gespielt, was in der Marktforschung bereits erfolgreich ist, also nur "Bewährtes", nichts "Neues". Der Sendername wird deshalb aber nicht auf "Die Alte 107.7" geändert werden ;-). Die Zeiten, wo Radio Trends setzte, sind zumindest im Kommerzrundfunk vorbei und wird ausgerechnet den "alten, verschlafenen" öffentlich-rechtlichen Sendern überlassen, die aber auch lieber die Hitparaden abdudeln, um mehr Werbung zu verkaufen...

Auch die Ansagen, incl. aller Witzchen, sind nicht spontan, sondern werden vorher niedergeschrieben. Immerhin darf der Moderator aber bei der "Neuen 107.7" seine Ansagen noch selbst schreiben und so seinen eigenen Stil einbringen, wie bei Stephen, dem Engländer, der sich sein noch nicht ganz lupenreines Deutsch auch so mit Akzent aufschreibt - mit einem normalen deutschen Moderationstext könnte er gar nichts anfangen.

Ähnlich wie bei Antenne Bayern - Rockantenne und allen anderen heutigen Radiostationen ist bei der "Neuen 107.7" mehr Computertechnik involviert als Sendetechnik - die ohnehin ausgelagert an einem erhöhten Standort steht. Einerseits arbeiten die Studios längst mit Digitaltechnik und Servern, ob Mischpult oder Musikquellen, andererseits wird digital nachprozessiert, was jetzt nichst Juristisches ist, vielmehr wird alles möglichst nahe an Vollaussteuerung 0 dB herangequetscht. Damit klingt der Sender gut im Hintergrund, z.B. im Büro, dafür entsetzlich, wenn man mal lauter stellt: oft hat man dann nach wenigen Minuten Kopfweh und wundert sich, daß die Musik trotzdem gar nicht mehr "reinhauen" will - die Dynamik ist weg.

Entstanden ist diese "Loudness-Seuche" durch moderne Musikproduktionen wie die Oasis-CDs. Ähnlich der "Wall of Sound" von Phil Spector sollen diese immer "vollen Sound" bieten. Inzwischen liefert die Musikindustrie nur noch solche produktionen, die die hohe mögliche Dynamik der Digitaltechnik, wo ja nichts mehr rauscht, auf ein absolutes Minimum verstümmeln.

Läuft dann zwischendurch etwas Älteres, das nicht so ausgesteuert wurde, klingt es leiser. Deshalb - und weil jeder Sender auf der UKW-Skala selbst der Lauteste sein will - wird inzwischen alles so nachprozessiert. Die leise Gitarre am Anfang von "Davi's on the road again" von Manfred Mann wird dröhnend laut und der nach dem leisen Vorspiel plötzlich mit einem Rumms einsetzende Hauptteil von "Verdamp lang her" von BAP ist weggebügelt - alles dudelt gleich laut. Über DAB klingt dies teils entsetzlich, weil Kompressionsverfahren wie MP3 gerade darauf ausgelegt sind, daß eben nicht alles gleich laut ist...

Die Richtline EBU R128 soll diesen Unsinn beenden, so wie zuvor die brüllend laute Werbung im Fernsehen, die man deshalb nur ganz abschalten konnte, weil sie gar nicht schnell genug leiser gestellt werden konnte. Allerdings wollen sich nur die öffentlich-rechtlichen Sender dieser Norm anschließen - der bayrische Rundfunk wird alle Programme bis Ende des Jahres umgestellt haben. YouTube hat übrigens auch umgestellt. Für die kommerziellen Sender ist es dagegen zu aufwendig, auch die DJingles entsprechend anzupassen bzw. neu zu produzieren und die Messgeräte neu einzurichten. Zudem ist bei aktueller Musik ohnehin nichts mehr zu retten, weil diese ja schon von der Plattenfirma kaputtprozessiert ist, nur bei Classic Rock und Klassik ist eine solche bessere Aussteuerung tatsächlich zu hören.

"Die Neue 107.7" ist somit zwar leider auch nur ein Mainstream-Musikprogramm ohne irgendwelche Spezialitäten außer der Ausrichtung auf klassische Rockmusik, die anderswo ja als "Kassengift" gemieden wird..Das allerdings ist handwerklich gut gemacht und vermeidet mit dem Einbinden aktueller Titel, zu einem Oldie-Programm zu werden. Es handelt sich hier ohne Zweifel um eins der besseren Programme seiner Art. Doch den, der die "Programmuhr" erfunden hat mit den Regeln, wann welcher Titel zu spielen ist, mag man dennoch an manchen Tagen verfluchen...

Wolf-Dieter Roth

 

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