Saarland 4/19
FMK on Tour - zu Gast im Saarland
Vor dem Sendegebäude von Europe 1 (Foto © Thomas Kircher)
Mit dem Saarland verbinden noch heute viele Radiofreunde dank der legendären Europawelle Saar den Beginn der eigenen Faszination am Medium „Rundfunk“. Die Europawelle startete am 2. Januar 1964 als deutsches Pendant zu den vier fröhlichen Wellen von Radio Luxemburg. Anfänglich auf der Frequenz 1421 kHz – später dann 1422 kHz - wurde man seinem Namen gerecht und versorgte ganz Europa. Namen wie Manfred Sexauer und Dieter Thomas Heck, aber auch der prägende Anteil an neuesten Scheiben aus England und den USA sowie die Einbindung von Werbeblöcken, machten den Sender schnell populär und weckten so manch andere öffentlich–rechtliche Anstalt aus ihrem Dornröschenschlaf. Der Mittelwellensender in Heusweiler war in den 1970er Jahren der stärkste Rundfunksender der Bundesrepublik Deutschland. Die Leistung betrug tagsüber stolze 1200 kW.
Das Saarland schrieb aber auch in anderen Bereichen Mediengeschichte. Mit dem Sendestart von Europe No. 1 im Jahre 1955 war am Standort Felsberg Überherrn nicht nur der stärkste Rundfunk-Sender der Welt beheimatet, sondern auch die erste private Radiostation auf heutigem deutschem Territorium. Damals war es noch das „eigenständige Saargebiet“. Mit Telesaar ging das erste deutschsprachige Privat-TV auf Sendung. Also bereits viele Jahre bevor RTL+ oder SAT1 starteten.
Unser Besuchs-Programm, welches zwischen dem 12. und 13.4.19 stattfand, begannen wir bei Radio Salü in der Richard-Wagner-Straße 58-60, mitten in der Innenstadt von Saarbrücken.
Diese Station war erst am 31. Dezember 1989 auf Sendung gegangen und stellte demnach einen “Spätzünder” unter den Privatfunk-Pionieren in den “alten” deutschen Bundesländern dar. Radio 4 (bestehend aus RPR, Pro Radio 4, Radio 85, Linksrheinischer Rundfunk) war im benachbarten Rheinland-Pfalz zu diesem Zeitpunkt schon mehr als dreieinhalb Jahre auf Sendung.
Blick ins Sendestudio von Radio Salü (Foto: © SmartPhoneFan.de)
Neben Nachrichten und Verkehrsmeldungen aus dem Saarland versorgt man ebenso die Hörer und Berufspendler aus Luxemburg, Belgien und Frankreich mit Informationen. Groß geschrieben wird bei Radio Salü der Hörerservice. So ist es heutzutage alles andere als selbstverständlich, dass man sich über die Webseite des Senders für eine Studioführung anmelden kann. Bei Radio Salü wird unter dem Motto „Saaarlands bester Musikmix“ über die folgenden Verbreitungswege gesendet:
Heusweiler II/Schoksberg UKW 101,7 MHz | 100 kW
Perl/Moseltal UKW 100,3 MHz | 5kW
Webenheim/Bliestal UKW 100,0 MHz | 5kW
Merzig UKW 103,0 MHz | 0,1 kW
Mettlach UKW 104,2 MHz | 0,1 kW
Webradio, DAB und iPhone
Das Nachrichtenstudio wird für Radio Salü und Classic Rock Radio genutzt – im Bild HW Heinzer (Foto: © SmartPhoneFan.de)
Die Nachrichtenredaktion besteht aus sechs Mitarbeitern. Herr Heinzer berichtete uns von dem anstrengenden Arbeitsalltag in der Redaktion: „Die Meldungen kommen hier im Minutentakt an und wir müssen aus der Vielzahl an Welt-, Lokal-, Showbiz- und vielen weiteren Informationen die Highlights für unsere Hörer herauspicken. Die einzige 'Pause' für uns ist, wenn der Nachrichtensprecher dann die Nachrichten live vorliest.“ J
Live-Programm von 5 bis 23 Uhr
Die Räumlichkeiten sind deutlich kleiner als bei anderen landesweiten Privatradios, aber durchaus zweckmäßig. Das Team ist sehr nett und arbeitet professionell. Dies spürte man auch ausgesprochen positiv bei Nicole Kuhn (Sendeassistenz), die uns sehr sachkundig durch den Sender führte. Moderierte Sendungen werden bei Radio Salü werktags von 5 bis 23 Uhr und am Wochenende von 6 bis 18 Uhr ausgestrahlt.
Werktags werden die Nachrichten tagsüber selbst erstellt. Für die Nachtstunden und das Wochenende arbeitet Radio Salü mit Regiocast zusammen. In der Musikredaktion haben wir erfahren, dass rund 400 Titel in der Rotation sind. Dabei werden nur Songs gespielt, die in der Marktforschung positiv getestet wurden. Am Wochenende spielt man gezielt einen höheren Anteil an Partymusik. In der Media-Analyse (ma) 2019 Audio 1 erreichte Radio Salü in der Zielgruppe 14+ stolze 310.000 Hörer pro Tag und in der Zielgruppe der 14-49-Jährigen 174.000 Hörer täglich. Radio Salü war damit Reichweitengewinner im Saarland.
Classic Rock Radio (CRR), das zweite Programm von Radio Salü, wird in einem Gebäude direkt nebenan produziert.
Sabine im Studio von CRR: Werktags von 14 bis 18 Uhr sendet Classic Rock Radio live (Foto: © SmartPhoneFan.de)
Classic Rock Radio sendet nur auf Low-Power-Frequenzen
Der Sendestart von Classic Rock Radio war am 1. September 2005. Bei diesem Spartenkanal für Classic Rock, der nur über Low-Power-Frequenzen mit maximal 1 kW Strahlungsleistung verfügt (beispielsweise Saarbrücken 92,9 MHz), erfolgt die Musikauswahl noch von Hand. Mit rund 1.350 Songs in der Standard-Playlist plus weiteren Titeln für Specials ist die Auswahl ungleich größer als im Hauptprogramm.
Live moderiert wird bei Classic Rock Radio nur das werktägliche Nachmittagsprogramm von 14 bis 18 Uhr. Zusätzlich gibt es voicegetrackte Sendungen. Für den Spartenkanal gibt es aber vom Hauptprogramm unabhängige, eigenproduzierte Nachrichten. Dazu werden ins Tagesprogramm redaktionelle Beiträge eingestreut.
Blick auf Mikro und PC-Monitor mit Sende-Automation im Studio von Classic Rock Radio (Foto: © SmartPhoneFan.de)
Rock-Klassiker aus den 60er, 70er und 80er Jahren
In der Musikauswahl unterscheidet sich Classic Rock Radio von „Radio BOB!“ oder auch von der „Rock Antenne“. Zu hören sind überwiegend Klassiker aus den 60er, 70er und 80er Jahren und kaum Alternative Rock, was manchem Musikgeschmack entgegenkommt. Schade, dass das Programm – anders als bei Radio Salü – nicht auch über DAB+ ausgestrahlt wird, sodass die Station unter dem Strich nicht einmal überall im Saarland terrestrisch zu empfangen ist. Per Livestream ist der Sender allerdings weltweit hörbar.
So gesehen ist die Beschränkung auf vier moderierte Sendestunden am Tag durchaus verständlich. Wünschenswert wäre es freilich dennoch, dass zumindest auch die Frühsendung – beispielsweise von 6 bis 10 Uhr – moderiert würde. Zudem sollten in den Abendstunden Musik-Specials – gerne auch unmoderiert – für noch etwas mehr Abwechslung sorgen.
Von Radio Salü und Classic Rock Radio ging es bei unserer Besichtigungstour weiter zum nächsten Programmpunkt:
Auf den Halberg – die Heimat des Saarländischen Rundfunks
Foto © Thomas Kircher
Hier warteten bereits Erhard Pitzius und seine Gattin Ivie auf uns. Erhard hatte uns bereits im Vorfeld bei der Planung für die FMK-Radiotage im Saarland unterstützt, und er öffnete uns nun auch die Türen beim SR. Dabei bat ich Erhard, uns zu verraten, wie er vom Radiovirus infiziert wurde:
„Zuerst natürlich als Radiohörer, im Saarland der 1960er und 1970er Jahre geprägt von den 4 Fröhlichen Wellen von Radio Luxemburg und der Europawelle Saar.
Stimmen wie Camillo Felgen, Helga Guitton, Frank Elstner, Manfred Sexauer, Dieter Thomas Heck, Jutta Eckler, Elke Herrmann, Rainer Holbe und viele mehr begleiteten mich als jungen Radiohörer. Sogar Hans Rosenthal war mit der Sendung "Allein gegen Alle" im Radio zu hören.
Mit dem Kofferradio (zuerst ein Löwe-Opta, dann ein ITT Schaub Lorenz-Touring International) waren wir (als Schüler) unterwegs und man wechselte zwischen Radio Luxemburg und Europawelle Saar. Meinen ersten Hifi Stereo Receiver bekam ich 1972, es war ein ITT Schaub-Lorenz Stereo 6000. Im selben Jahr bekam ich auch meine erste Langspielplatte, eine Doppel- LP mit Musik der Byrds, auch Country war dabei und Bob Dylan mit „Like a Rolling Stone“. Eigentlich war es mit 17 Jahren ziemlich spät, seine erste Platte zu bekommen, aber es gab in unserem Haus nie einen Plattenspieler, bis ich mir 1972 einen Philips Electronic 312 anschaffte. Da das Geld für Boxen fehlte, wurde mit dem Kopfhörer gehört: ein sehr intensives Hörgefühl. Noch nicht alle Sendungen waren in Stereo, und so erwartete man sehnsüchtig das Hochschalten des Stereodecoders und das "Aufflammen" der roten Stereoleuchte.
Zusätzlich zum normalen Radiohören versuchte man auch durch Spannen vieler Meter Draht Sender aus der weiten Welt zu bekommen. Radio Moskau oder Radio Peking brachten den Hauch der Ferne ins heimische Jugendzimmer.
Eine Stimme hat sich mir Anfang der 1970er Jahre eingeprägt. Sie hat sich zu meiner Lieblingsstimme entwickelt und mich über Jahrzehnte fasziniert: die Stimme von Bernd Duszynski. Dass wir später in den 1980ern Freunde wurden und bis zu seinem Tod im Jahr 1999 über 18 Jahre lang zusammengearbeitet haben, ja das konnte ich 1972 noch nicht ahnen“.
Der 1. Februar 1978 war der erste Tag von Erhard Pitzius im Radio. Er war unter anderem auch für den Privatfunkpionier Radio Donnersberg tätig. Über viele Jahre war er als Musikredakteur für die Sendungen von Bernd Duszynski beim Saarländischen- und Süddeutschen Rundfunk im Einsatz. Pitzius begleitete Bernd Duszynski und Martin Arnhold bei vielen „Öffentlichen Veranstaltungen“ als Redakteur oder Co-Moderator und er war auch schon mal als Tontechniker oder Discjockey mit unterwegs. Auch bei Radio Herz aus Kanada war Erhard auf Sendung. Dank seiner Stimme lernte er die Liebe seines Lebens kennen. Seine heutige Partnerin Ivie verliebte sich in seine angenehme Art der Moderation und wusste sofort: „Diesen Mann muss ich kennenlernen“.
Heutzutage betreibt er unter dem Namen "Radio Amazing" bei Laut.fm einen eigenen Sender, auf dem Erhard auch mit moderierten Programmen zu hören ist.
Zurück zum Saarländischen Rundfunk
Die in Forbach geborene Französin Viviane Shabanzadeh führte uns mit viel Charme durch die Gebäude des Saarländischen Rundfunks. Auch das ist wohl ein Novum innerhalb der ARD-Anstalten: Da der SR ein kleiner Sender ist, sind viele Mitarbeiter über verschiedene Bereiche informiert und können diese auch bedienen. Viviane ist innerhalb des SR Moderatorin und Nachrichtensprecherin, aber sie übernimmt auch die Öffentlichkeitsarbeit in Form von Führungen. Das Schöne: Sie weiß, wovon sie spricht. Genauso verhält es sich auch bei vielen anderen Mitarbeitern, die zum einen für das Radio tätig, zum anderen aber auch im TV zu sehen sind. Der Saarländische Rundfunk bestreitet heutzutage insgesamt fünf Radiowellen (SR 1 bis 3, 103,7 Unser Ding, sowie Antenne Saar). Der Etat des SR liegt aktuell bei 125 Millionen Euro pro Jahr. Seit langem muss man den Gürtel immer enger schnallen. Deshalb wurden große Sendungen und Produktionen wie „Die Goldene Europa“ bereits vor Jahren eingestellt. Diese ist der älteste deutsche Fernsehpreis; er wurde von 1968 bis 2003 jährlich vergeben. Obwohl seit Jahren gespart werden muss, ist es die Kunst des SR, dass der Hörer und TV-Zuschauer hiervon wenig merkt.
Voller Stolz bezeichnet man sich als die achtgrößte Anstalt der Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland (auf dem 9. und damit letzten Platz liegt Radio Bremen .
Insgesamt hat der SR 830 Mitarbeiter, davon sind 560 Festangestellte. Besonders stolz ist man auf das Deutsche Radio Philharmonie-Sinfonieorchester, welches der Federführung des SR obliegt. Getragen wird es vom SWR und SR. Die heutige Formation wurde als Zusammenschluss der beiden Orchester Saarbrücken und Kaiserslautern im September 2007 gegründet.
Die goldenen Zeiten der Europawelle Saar sind mittlerweile Geschichte, was sich auch in den Einschaltquoten wiederspiegelt. SR 1 erreicht einen Höreranteil von 21 %, dagegen kann SR 3 Saarlandwelle den sagenhaften Wert von 28 % vorweisen. Damit hat SR 3 einen Rekord aufgestellt. Kein anderer Sender innerhalb des jeweiligen Sendegebietes bringt es in ganz Deutschland auf so viele Zuhörer wie die Saarlandwelle. Heimatverbunden, auch Sendungen in Mundart und Musik bestehend aus deutschen Klängen und Oldies, machen SR 3 zum erfolgreichsten Programm des Saarländischen Rundfunks.
„Die grüne Hölle“ – Produktionsstätte des „Aktuellen Berichts“ (Foto © Peter Faust)
Auf der Führung durch die SR-Anlage bekamen wir auch Einblick in die „Grüne Hölle“. Dieses Studio existiert seit fünf Jahren. Die Technik ist derart komplex, dass die Mitarbeiter ein Jahr Einlern-Phase benötigten, um das zwei Millionen teure Studio bedienen und Sendungen fehlerfrei fahren zu können. Von hier aus kommen unter anderem „Die Sportarena“ (Samstag-Ausgabe), der „Aktuelle Bericht“ oder auch mehrmals jährlich „Plusminus“. Fünf- bis sieben Mal pro Jahr wird diese Sendung unter der Regie des SR ausgestrahlt.
Direkt daneben befindet sich ein weiteres, noch größeres TV-Studio. Von hier aus werden Sendungen wie „Der Flohmarkt“ und „Die Sportarena“ am Sonntag ausgestrahlt. In diesem Studio hat einst schon Manfred Sexauer TV-Sendungen moderiert.
Weiter ging es in das Studio 1, welches früher öfter genutzt wurde. Heutzutage werden hier u.a. Unplugged-Konzerte veranstaltet. Die Karten können nicht erworben werden, sondern werden über die SR-Wellen verlost. Auch der deutsch-französische Kabarettist Alfons ist hier gerne zu Gast; bekannt wurde er durch seinen sympathischen Akzent und mit seinem Puschel-Mikrofon.
Das SR 1 Studio (Foto © Oliver Schmidt)
Weiter ging es zum Radio, dabei kamen wir an 103,7 Unser Ding und bei SR 1 vorbei. Studioluft durften wir dann bei SR 3 Saarlandwelle schnuppern. Wie es der Zufall wollte, ging es während unseres Aufenthaltes „tierisch“ zu. Gleich zwei Verkehrsmeldungen unterbrachen die Musik. Einmal waren es Pferde und kurz darauf Schweine auf der Fahrbahn…
Nadine Thielen am Mikrofon von SR 3 Saarlandwelle – im Hintergrund Viviane Shabanzadeh, welche uns souverän durch den SR begleitete (Foto © Oliver Schmidt)
Der große Sendesaal des Saarländischen Rundfunks (Foto © Oliver Schmidt)
Zum Abschluss der Führung bekamen ein wahres Highlight zu sehen: den beeindruckenden großen Sendesaal, in dem die Philharmonie aufspielt. Doch das sollte noch nicht das Ende unserer Eindrücke auf dem Halberg sein. Denn es wartete mit Axel Buchholz ein SR-Urgestein auf uns. Erst wenige Tage zuvor war ich mit Herrn Buchholz in Kontakt getreten und hatte ihn gebeten, für uns aus seinem erlebnisreichen Medienleben zu erzählen. Spontan sagte er zu und berichtete für uns voller Freude über ein erfülltes Journalisten-Dasein.
Der Journalist Axel Buchholz – über 40 Jahre beim Saarländischen Rundfunk
Zuerst entführte er uns in die Anfänge des Rundfunks im Saarland. Im Jahre 1929 wurde die erste Rundfunksendung aus unserem Land übertragen. 1935 ging der Reichssender Saarbrücken auf Sendung, mit vielen Übernahmen von anderen Reichssendern wie Breslau, Leipzig, etc. Nach dem Krieg gehörte das Saarland zur französischen Besatzungszone, und am 17. März 1946 nahm hier eine neue Station unter dem Namen Radio Saarbrücken ihr Programm auf. Die erste Sendung begann um 19:10 Uhr mit dem Abspielen der Marseillaise, danach folgte die deutsche Ansage: "Radio Saarbrücken - hier spricht die Saar". Damit war auf dem Gebiet des Saarlandes ein "französischer Sender in deutscher Sprache" entstanden. Man sendete anfangs nur etwa vier Stunden am Tag, und zwar von 7 bis 8 Uhr morgens, von 12:30 bis 13:30 mittags und abends von 19 bis 21 Uhr. Schon bald wurden aber täglich acht Stunden gesendet, und später wurde die Stundenzahl noch erhöht.
1952 trat das erste Rundfunkgesetz für das Saarland in Kraft, und „Radio Saarbrücken“ wurde in "Saarländischer Rundfunk GmbH“ (SR) umgewandelt. Als am 1. Januar 1957 das Saarland der Bundesrepublik Deutschland als neues Bundesland beitrat, entstand die öffentlich-rechtliche Anstalt „Saarländischer Rundfunk“.
Doch zurück zu Axel Buchholz. Der 1939 in Berlin Geborene erinnert sich:
„Es muss etwa die 10. Schulklasse gewesen sein, als der Rektor in unsere Klasse kam, und sagte: Der SFB sucht zwei Schüler. Es geht um einen Beitrag zum Thema: „Sexuelle Probleme in der Jugend“. Wer meldet sich freiwillig? Sonst werden zwei Schüler bestimmt. Natürlich meldete sich keiner. Da ich Klassensprecher war und auch für die Schülerzeitung „Herderbote“ schrieb, fiel die Entscheidung auf einen Klassenkameraden und mich. Als wir beim SFB ankamen, erfuhren wir, dass wir nicht zum Thema Sexuelle Probleme, sondern über Sport in der Jugend berichten sollten. Dies war allerdings auch nicht viel besser. Wir beide waren dieselben Nieten, egal ob es nun um sexuelle Themen oder um Sport ging. Trotzdem lief die Sendung erstaunlich gut und jeder von uns erhielt als „Gage“ 20 DM. Es sollte jedoch nicht bei dem einmaligen „Zwangsauftritt“ bleiben. Der SFB meldete sich, und ich kam immer wieder ins Studio. Recht schnell fand ich mich beim Jugendfunk wieder.
Über den SFB bekam ich den Kontakt ins Saarland. 1960 verließ ich die Großstadt und ging ins beschauliche Saarbrücken und damit zum Saarländischen Rundfunk.
Buchholz ist kein Unterhaltungsmensch, sondern die Informationen sind sein Metier. Er war beim SR als Reporter, Moderator, Redakteur und sieben Jahre als Wellenchef der SR 1 Europawelle, dem damaligen Zugpferd, tätig. Bis zum Jahr 2002 war er als Chefredakteur Hörfunk und stellvertretender Hörfunkdirektor für den Saarländischen Rundfunk im Einsatz.
Axel Buchholz und Erhard Pitzius (Foto © Thomas Kircher)
Axel Buchholz erinnert sich an so manche Anekdoten:
„So bekam ich eines Tages einen Anruf von Frank Elstner: Herr Buchholz, kommen Sie zu mir nach Luxemburg! Ich lehnte ab.“
Oder auch an seine grandiose Idee des Europawanderers. Ein SR Mitarbeiter wurde auserkoren, um sämtliche EU Staaten zu Fuß zu besuchen und mehrmals täglich aus diesen Ländern auf der Europawelle Saar zu berichten. Nach kürzester Zeit sorgte der Europawanderer für einen Begeisterungssturm, nicht nur unter den Hörern im Saarland, sondern auch im Ausland. Natürlich berichtete die örtliche und europäische Presse darüber und die Werbung für unsere Europawelle war sensationell. Überhaupt war die Hörerreaktion auf die Europawelle in Form von Zuschriften und Anrufen unglaublich und wäre heutzutage unvorstellbar.
Heutzutage ist Prof. Buchholz Honorprofessor am Journalistischen Seminar der Gutenberg-Universität Mainz. Er unterrichtete auch an der Universität Trier und an der Deutschen Journalistenschule und dem Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses (beide in München). Als Dozent für praktischen Journalismus ist er seit 1972 an Universitäten, Journalistenschulen und als Redaktionstrainer tätig. Der Journalist und Medienwissenschaftler ist Autor zahlreicher Publikationen, darunter der Standardwerke "Radio-Journalismus" (gemeinsam mit Walther von La Roche) und "Fernseh-Journalismus". Ein ganz besonderes Schmankerl für alle Radiofreunde stellt das Buch „Fundstücke aus 60 Jahren Saarländischer Rundfunk – Geschichten, Leute Erlebnisse“ dar. Axel Buchholz ist zusammen mit Thomas Kleist Herausgeber dieses 496-seitigen Werkes.
Nachfolgend eine kurze Inhaltsübersicht davon: Wie Friedrich Nowottny den SR zum „Wirtschaftssender“ machte – Weshalb Peter Scholl-Latour mit dem Intendanten Krach bekam – Was Manfred Sexauer zu Tränen rührte – Wo Hanns Dieter Hüsch viele seiner Texte schrieb – Wobei Werner Zimmer mal schlapp machte – Warum der SR Ludwig Harigs „Heimatsender“ wurde ...
Sechzig Geschichten aus sechzig Jahren Saarländischer Rundfunk. Ehemalige und jetzige Rundfunkmitarbeiter Illustrieren Geschichte und Erlebnisse und erinnern an Leute, die den SR als unverzichtbare saarländische Institution geprägt haben.
Es war eine wahre Freude, Axel Buchholz zuzuhören. Mit einem strahlenden Lachen in den Augen erzählte er uns aus seinem Leben. So lebendig und voller Freude, als wäre es gestern gewesen. Wir hatten bereits das reservierte Abendessen im Saarbrücker Traditionslokal „Stiefel“ nach hinten verschoben und trotzdem hat die Zeit bei weitem nicht gereicht. Wie es der Zufall wollte, erfuhren wir an dem Abend, dass im Jahr 1935 ein Studio des Reichsrundfunksenders in den Räumen des heutigen Restaurants Stiefel Quartier bezogen hatte…
Am Folgetag ging es weiter zu Europe 1, einer der beeindruckendsten und ehemals stärksten Sendeanlagen der Welt
Die Führung wurde durch den Kontakt zum Bürgermeister der Gemeinde Überherrn, Herrn Bernd Gillo, überhaupt erst möglich. Der Europe 1 - Langwellensender in Felsberg-Berus steht auf dem Sauberg in der Gemarkung der Gemeinde Überherrn, welche seit Herbst 2016 auch Besitzer der markanten Sendehalle ist. Diese erinnert auf den ersten Blick an die Berliner Kongresshalle, liebevoll „Schwangere Auster“ genannt. Lothringen, also Frankreich ist nur wenige hundert Meter von der Sendeanlage entfernt. Da auf dem Gelände eine Jakobsmuschel gefunden wurde, kamen die Bauherren auf die geniale Idee, diese als optisches Vorbild für die spätere Sendehalle zu verwenden. Die Bauarbeiten begannen im Juni 1954 und wurden bereits im folgenden Jahr abgeschlossen. Mittlerweile steht die Spannbetonkonstruktion unter Denkmalschutz. Während der Bauarbeiten fand ein tragisches Unglück statt: Da keine Stützpfeiler angebracht wurden, stürzte das Dach ein, und beide Architekten nahmen sich das Leben. Zur Verstärkung installierte man daraufhin beim Neuaufbau zusätzliche querverlaufende Zugbänder. Die Halle ist sowohl von außen, als auch im Inneren beeindruckend. In der Geschichte unserer „FM Kompakt“-Aktivitäten hatten wir bisher kein vergleichbares Baumonument besucht. Da mit Telesaar von hier aus auch TV produziert werden sollte, wurde das Gebäude in dieser Größenordnung erbaut. Es war vermutlich geplant, die Halle auch für Studios, Produktionsräume und eventuell sogar Publikumsveranstaltungen zu nutzen. Doch dazu kam es nicht.
In der Halle angekommen, begrüßten uns vier ehemalige Mitarbeiter von Europe 1, und wir hörten die Klänge der ersten Europe 1 Ansage in drei Sprachen (französisch – deutsch - englisch); Quelle: Saar-Nostalgie
Die Aufnahme stammt vom 1. Januar 1955 – an diesem Tag um 06:30 Uhr startete Europe No. 1 „offiziell“ mit einer halben Stunde Sendezeit. Bereits 1954 gab es erste Testsendungen.
Dieser unvergessliche Augenblick in der 86 Meter breiten und 16 Meter hohen Halle, in der sich noch heute die gesamte Technik befindet, verursachte bei so manchem Teilnehmer Gänsehaut pur. Europe No. 1 sendete früher mit einer Leistung von 2,4 MW !!! Noch heute stehen in dem Gebäude die beiden 1000-KW-Langwellensender von Thomson, die zu einer 2 Megawatt starken Sendereinheit zusammengeschaltet waren. Das Signal wurde praktisch rund um die Welt empfangen. Besonders viele Empfangsberichte kamen aus Südamerika, erinnern sich die vier Techniker stolz. Die Station war neben France Inter die jenseits des Atlantiks am häufigsten hörbare europäische Langwellenstation.
Wir erfuhren über die Geschichte des Senders und Standortes. Wie kam es überhaupt dazu, dass man auf (heutigem) deutschem Territorium einen französischen Sender installierten konnte? Die Grundlage für Europe 1, von hier aus zu senden, lag in der Zeit des autonomen Saarstaats, der noch nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehörte. Dieser Umstand machte es möglich, dass Europe 1 von diesem Standort aus zu senden begann.
Der Sendebetrieb war 1954/55 mit nur zwei Antennenmasten aufgenommen worden. Bald kam ein dritter Mast hinzu.
Weil das inzwischen nach der Rückgliederung der Saar auch hier zuständige Bundespostministerium die Minimierung der Störung anderer gleichkanaliger Sender gefordert hatte, musste man 1959 einen der Maste in aufgebautem Zustand (!) um eine 102 m lange Strecke verschieben. Dies war eine, so erstmals ausgeführte, technische Glanzleistung. 1964 wurde die Antennenanlage schließlich auf vier Maste erweitert. Die Masthöhen der Hauptantennenanlage betrugen nun von Südwesten her 270 m, 276 m, 280 m und 282 m. Die Maste überstanden alle politischen und meteorologischen Stürme - bis zum 8. August 2012. An diesem Tag brach der oberste Teil des 280-m-Mastes wegen Isolatorenbruchs ab. Man musste den Sender auf die Reserve-Antennenanlage umschalten, die Mitte der 70er-Jahre nord-westlich der Hauptantenne errichtet worden war. Sie besteht aus zwei Masten von je 234 m Höhe und ist noch heute als Sendeantenne von Europe 1 aktiv.
In dem Zusammenhang erinnert sich Hobbyfreund Markus Weidner an Europe 1:
Ich kenne Europe 1 seit meiner frühesten Jugend. Der Sender fiel mir bereits Anfang der 80er Jahre auf, als ich eigentlich nach einer Möglichkeit suchte, die „Stimme der DDR” in guter Qualität zu empfangen. Der 750-kW-Langwellensender Oranienburg (Zehlendorf) erschien mir geeignet und so steuerte ich dessen Frequenz 182 kHz auf meinem seinerzeit genutzten Radiorecoder von Intercord an.
Die „Stimme der DDR” war tatsächlich zu empfangen – allerdings befand sich auf der gleichen Frequenz ein nahezu ähnlich starker, französischsprachiger Sender. Das war Europe 1. Ich sah, dass dieser Sender im saarländischen Felsberg-Berus stand und recherchierte, was es wohl damit auf sich hatte. Ein französischsprachiges Programm von deutschem Boden? Das hatte mein Interesse geweckt.
Auf mein Schreiben an die Pariser Studioadresse erhielt ich eine QSL-Karte und Informationsmaterial. Ich erfuhr, dass der Sender durch das besondere Statut des Saarlandes bis zur Wiederangliederung an die Bundesrepublik Deutschland zustande kam und anders als das deutschsprachige Fernsehprogramm Telesaar seinerzeit nicht eingestellt werden musste.
Aktuelle Antennenkonstellation am Sender Felsberg (Foto: © SmartPhoneFan.de)
Europe 1 sendet auf einer “krummen” Frequenz
Später änderten „Stimme der DDR” und Europe 1 ihre Sendefrequenzen auf 179 bzw. 185 kHz. Sie scherten damit aus dem ansonsten üblichen 9-kHz-Raster auf Lang- und Mittelwelle aus und waren danach auf den seinerzeit aufkommenden ersten Radios mit digitaler Frequenzeingabe und -anzeige, die sich nur in diesem Raster abstimmen ließen, nicht mehr oder nur noch schlecht zu empfangen.
Für Besitzer frei durchstimmbarer Empfänger verbesserte sich die Empfangssituation drastisch. Es gab keine gegenseitigen Interferenzen mehr. Die „Stimme der DDR” war fortan klar zu hören, Europe 1 allerdings nicht, was mit der starken Richtstrahlung des 2000 kW starken Senders zusammenhing. Gesendet wurde gezielt Richtung Frankreich, während das Signal in die Gegenrichtung -also nach Nordosten - stark ausgeblendet wurde.
Als die Sendefrequenzen auf Langwelle in den 80er Jahren sukzessive um 2 kHz nach unten geändert wurden (beispielsweise Deutschlandfunk Sender Donebach von 155 auf 153 kHz), machten auch die abseits des regulären Rasters sendenden Stationen in Oranienburg und Felsberg mit. Die „Stimme der DDR” wechselte auf 177 kHz, Europe 1 auf die noch heute genutzte Frequenz 183 kHz.
Unverständlich ist, dass in Felsberg nicht spätestens mit dem Aufbau einer neuen Sendeanlage wieder ins reguläre Frequenzraster gewechselt wurde. Den Sender Oranienburg, der seit Sendeschluss des Deutschlandsenders Kultur, der Anfang der 90er Jahre die Nachfolge von Stimme der “DDR” antrat, von Deutschlandradio genutzt wurde, gibt es nicht mehr. Die Masten in Zehlendorf wurden längst gesprengt, sodass eine Wiederaufnahme der Sendungen nahezu ausgeschlossen ist. Demnach könnte Europe 1 eigentlich auf die ursprünglich zugeteilte Frequenz 180 kHz wechseln, was aber offenbar nicht beabsichtigt ist.
Blick ins “Innenleben” der alten 2000-kW-Sendeanlage (Foto: © SmartPhoneFan.de)
Die Langwelle 183 kHz heute
Europe 1 sendet nach wie vor auf 183 kHz – jetzt aber über die früheren Reserveantennen und über zwei neue 750-kW-Sender, die es zusammengeschaltet immerhin noch auf 1,5 Megawatt Sendeleistung bringen. Da die Richtcharakteristik dieser Antennenanlage nicht so ausgeprägt ist wie die des alten, bereits 1954/55 errichteten Systems, hat sich der Empfang nördlich und östlich des Senders erheblich verbessert. In Frankreich, dem eigentlichen Zielgebiet, dürfte der Empfang wiederum etwas schlechter geworden sein.
Betrieben wird der Sender von der luxemburgischen Firma Broadcasting Center Europe (BCE), die auch die Sendeanlagen für RTL betreibt. War das alte Betriebsgebäude früher rund um die Uhr mit jeweils zwei Mitarbeitern besetzt, so läuft die neue Anlage unbemannt und wird von Luxemburg aus ferngesteuert. Wie lange der Sender Felsberg überhaupt noch betrieben wird, ist fraglich. Sieht man sich die auf der Webseite von Europe 1 veröffentlichte Frequenzübersicht an, so fällt auf, dass die Langwelle hier nicht einmal erwähnt wird. War der Sender Felsberg früher die einzige Möglichkeit, um überhaupt Privatradio für Frankreich machen zu können, so belegt Europe 1 längst in vielen Regionen des Landes UKW-Frequenzen. Außerdem ist das Programm über Satellit zu empfangen.
Von BCE errichtetes aktuelles Betriebsgebäude des Langwellensenders von Europe 1 (Foto: © SmartPhoneFan.de)
Das erste deutschsprachige Privatfernsehen startete im Saarland (Quelle: Saar-Nostalgie, Seite TELESAAR)
Ende 1952 startete die ARD erste bundesweite Sendungen, die täglich ausgestrahlt wurden. Auch im Saarland wollte man nun gerne ein Fernsehprogramm senden. Erste Pläne zur Errichtung eines eigenen saarländischen Fernsehens entstanden 1951/52. Bei der Stockholmer Wellenplankonferenz für UKW und Fernsehen 1952 wurde das Saarland durch die französische Postverwaltung vertreten. Den meisten westdeutschen Sendern wurde damals einer der Kanäle E5 bis E12 im Band III zugewiesen, aber dem Saarland teilte man den französischen Fernsehkanal F1b im Band I zu (dessen Bild- und Ton-Frequenzen überschnitten sich mit denen des deutschen Kanals E2).
Testbild von TELESAAR. Um ein Foto der Ludwigskirche herum sind einige Felder und Kreise und Zahlen platziert, mit deren Hilfe man verschiedene Parameter des Fernsehbildes messen und einstellen konnte (Helligkeit, Kontrast, Auflösung, Geometrie usw.).
Das Testbild wurde damals noch nicht – wie später – mit Hilfe elektronischer Testbild-Generatoren erzeugt, sondern im Studio mit einer Fernsehkamera von einer Tafel abgefilmt.
Für den geplanten saarländischen Sender kam es aus politischen Gründen natürlich nicht in Frage, das bundesdeutsche Fernsehprogramm zu übernehmen. Doch wie konnte man ein eigenes Programm für das Saarland finanzieren? Aus öffentlichen Mitteln hätte es auf keinen Fall bestritten werden können. Daher musste man auf private Geldgeber zurückgreifen. Diese standen schon "Gewehr bei Fuß", und zwar in Frankreich. So kam es dazu, dass der erste private Fernsehsender Europas im Saarland eröffnet wurde - und das schon Ende 1953! Er sendete allerdings nur viereinhalb Jahre lang und erreichte nur eine recht überschaubare Zahl von Zuschauern. Die erste offizielle Sendung fand am 23.12.1953 statt. Danach folgten verschiedene weitere Versuchsausstrahlungen, bis es ab 6. Juni 1954 tägliche Fernseh-Sendungen mit einem Vollprogramm zu sehen gab. Die tägliche Sendedauer betrug etwa drei Stunden.
TELESAAR wurde über einen 100-Watt-Sender vom Eschberger Hof in Saarbrücken aus im Band III, Kanal F 7 (horizontale Pol.) in der französischen 819-Zeilen-Norm ausgestrahlt. Das Mini-Studio war nur 58 m² groß und befand sich im Hause der Saarländischen Volksfürsorge, Dudweiler Straße 57-59, Ecke Richard-Wagner-Straße. Man nahm zwei Stockwerke in Anspruch, um besser mit den hohen und sehr heißen Scheinwerfern (den sogenannten Jupiterlampen) umgehen zu können. Das Personal des saarländischen Fernsehsenders bestand z.B. im Jahr 1954 aus 28 Personen, 25 von ihnen waren Saarländer. Die Mitwirkenden vor und hinter den Kameras und Mikrofonen waren überwiegend Radioleute, die man schon vom Reichssender bzw. von Radio Saarbrücken her kannte. Viele von ihnen arbeiteten jetzt sowohl für den Radiosender als auch für TELESAAR. Schon kurz nach der Aufnahme des Sendebetriebs von TELESAAR wurde ab Mitte Mai 1954 auch Fernsehwerbung ausgestrahlt, denn die Einnahmen daraus wurden benötigt, um zur Finanzierung des privaten Unternehmens beizutragen. Dieses sollte später einmal Gewinne abwerfen - dazu ist es aber nie gekommen.
Auch nach dem Beitritt des Saarlandes zur Bundesrepublik am 1. Januar 1957 ging der Betrieb der beiden privat finanzierten Sender Europe No. 1 auf Langwelle und TELESAAR im Fernsehkanal F7 weiter, obwohl inzwischen die Deutsche Bundespost die Funkhoheit im Saarland übernommen hatte. Doch die Verträge, welche die "Saarländischer Rundfunk GmbH" am 30. Januar 1953 mit der Saarländischen Fernseh AG abgeschlossen hatte, waren juristisch so "wasserdicht", dass sie weiterhin galten und auch nicht aufgrund der neuen politischen Lage außer Kraft gesetzt werden konnten. So wurden Europe No. 1 am 1. Januar 1957 zur ersten privaten Radiostation und TELESAAR zum ersten kommerziellen Fernsehsender auf deutschem Hoheitsgebiet!
Direkt neben der Sendehalle befindet sich ein 59 Meter hoher Betonturm. Hierüber sendete im Januar 1958 für kurze Zeit die Privat-TV-Station Telesaar (Foto © Peter Faust)
Von diesem Tag an wollte man im gerade entstandenen jüngsten Bundesland aber natürlich auch das Programm des Deutschen Fernsehens ausstrahlen. Hierfür lieh sich der SR vom Südwestfunk einen 100-W-Sender aus, der Ende 1956 mit einer Sondergenehmigung des französischen Außenministeriums einschließlich Antenne auf einem Lkw ins Land gebracht wurde. Man installierte ihn auf dem Saarbrücker Schwarzenbergturm. Er sollte vom 1. Januar 1957 an das ARD-Programm in vertikaler Polarisation und mit 625 Zeilen senden, und zwar im Band I auf Kanal 2, dessen Frequenzen in etwa denen des Kanals F1b entsprach. Dieser war dem Saarland schon 1952 in Stockholm offiziell zugeteilt worden und sollte nun zum ersten Mal hier benutzt werden. Der Sender hatte wegen seiner geringen Leistung von nur 100 Watt allerdings eine sehr geringe Reichweite.
Der erste Sendetag sollte mit der Übertragung des Festaktes aus dem Saarbrücker Stadttheater anlässlich der Angliederung des Saarlandes an die Bundesrepublik beginnen. Das Programm-Signal wollte man vom SWF-Sender Hornisgrinde (Kanal E9) übernehmen. Jener hatte aber ausgerechnet an diesem 1.1.1957 einen Totalausfall. Hierdurch erhielt der neue ARD-Sender auf dem Saarbrücker Schwarzenberg gerade von dieser wichtigen Übertragung weder Bild noch Ton! Da die Feier aber nicht nur von der ARD, sondern auch auf TELESAAR von einem eigenen Team übertragen wurde, konnten viele Saarländer den Festakt trotzdem verfolgen, und zwar auf dem gewohnten Kanal F7 mit 819 Zeilen.
Es gab ein langes juristisches Hin und Her zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und TELESAAR. Erst am 16. Juli 1958 wurde der Sender TELESAAR mittels einer Verfügung des Bundespostministers geschlossen, da er im Widerspruch zu den internationalen Bestimmungen in einer für die Bundesrepublik nicht zugelassenen Sendenorm (819 Zeilen) und auf einer nicht zugeteilten Frequenz (Kanal F7) ein Fernsehprogramm mit Werbesendungen ausstrahlte. Ein solcher Tatbestand war mit dem gebührenfinanzierten System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der BRD nicht vereinbar. Für die inzwischen knapp siebzig Mitarbeiter des Senders war seine Schließung bitter, mussten sie sich doch nun einen anderen Lebensunterhalt suchen. Viele von ihnen fanden aber bald eine Stelle beim neuen SR-Fernsehen. Die Telesaar-Sender wurden übrigens nach Monaco verkauft und waren dort noch viele Jahre danach in Betrieb.
Anders verhielt es sich mit Europe 1. Der französische Privatsender konnte auch nach der Angliederung weiter on Air bleiben.
Hauptsender von Radio Saarschleifenland auf UKW 105,1 MHz (Foto: © SmartPhoneFan.de)
Zu Gast bei Radio Saarschleifenland in Merzig: Eines der wenigen echten Privatradios
Privatradio in Deutschland wird heute in erster Linie von Zeitungsverlagen und Großkonzernen betrieben. Nur wenige Stationen sind wirklich unabhängig. Einer dieser echten Privatsender ist das von Central FM gestaltete Radio Saarschleifenland, das seit dem 2. April 2016 auf Sendung ist. Kurios: In den ersten 13 Monaten nach Sendestart war Radio Saarschleifenland am Studiostandort in Merzig nur schlecht zu empfangen, denn der Veranstalter konnte zunächst nur auf der UKW-Frequenz 106,1 MHz vom Standort Mettlach aus mit einer Strahlungsleistung von 100 Watt senden. Zwar ist die Entfernung zwischen Merzig und Mettlach nicht sehr groß, aber die Topografie im Saarschleifenland ist schwierig. Die Landschaft ist es aber wiederum, die die Region für zahlreiche Urlauber interessant macht. So ist Radio Saarschleifenland auch als Tourismus- und Erlebnisprogramm lizenziert.
RSL-Studio im Gebäude der Merziger Stadthalle (Foto: © SmartPhoneFan.de)
Neue Hauptfrequenz seit Mai 2017
Im Mai 2017 konnte das Lokalradio schließlich auch auf 105,1 MHz aus Merzig selbst auf Sendung gehen. Auf dieser Frequenz wird mit ebenfalls 100 Watt gesendet. Damit hat sich nicht nur der Empfang am Studiostandort, sondern auch generell an der unteren Saar und im Hochwald deutlich verbessert. Die Sendungen auf der Frequenz 105,1 MHz, die am Standort Nackberg vom gleichen Mast wie SR1, 2 und 3, Radio Salü und bigFM ausgestrahlt werden, sind aus Saarbrücken kommend im Raum Völklingen erstmals kurz empfangbar. Weiter westlich kommt es zu Gleichkanalstörungen unter anderem durch AFN Kaiserslautern, bevor Radio Saarschleifenland vor Dillingen wieder aus dem Rauschen herauskommt.
Auf 106,1 MHz, heute nicht mehr vom SR-Standort, sondern von einem Hausdach direkt in Mettlach ausgestrahlt, ist der Sender kurz vor der Autobahnausfahrt Merzig erstmals zu hören. Wirklich gut ist der Empfang aber erst kurz vor Mettlach, wo wiederum die 105,1 MHz schwächer wird, sodass sich die beiden Frequenzen gut ergänzen.
“Sendebox” am Merziger Standort des Saarländischen Rundfunks (Foto: © SmartPhoneFan.de)
Studio in der Merziger Stadthalle
Zum Abschluss unserer Sender-Rundreise besuchten wir Radio Saarschleifenland, das direkt in der Stadthalle von Merzig untergebracht ist. Der Raum ist klein, für den Zweck aber völlig ausreichend. Hier lassen sich Beiträge und Interviews einsprechen, die dann in das von einem Server kommende Programm einfließen. Theoretisch seien auch Livesendungen aus Merzig möglich, erklärte uns Jan Lüghausen, Gründer und Geschäftsführer des Senders. Das habe man in der Praxis aber noch nie genutzt. Muss man auch nicht, wie das Programm zeigt, das rund um die Uhr auf den beiden UKW-Frequenzen und im Internet zu hören ist. Nach außen wirkt das moderierte Programm, das werktags von 6 bis 18 Uhr zu empfangen ist, wie live produziert. Für die Hörer ist die auf den ersten Blick vielleicht ungewöhnliche Art der Produktion demnach kein Nachteil. Für RSL, wie sich Radio Saarschleifenland in der Kurzform nennt, ist die Produktion auf diesem Weg deutlich kostengünstiger.
RSL hebt sich vor allem durch sein Musikprogramm von anderen Stationen im Sendegebiet ab. Mit seinem Mix aus Songs der 80er, 90er und 2000er ist das Format “älter” als das von Radio Salü oder SR1, aber “jünger” als beispielsweise SR3. Zudem hat RSL nach eigenen Angaben rund 2000 Titel in der Rotation. 3000 sollen es einmal werden. Das sorgt für deutlich mehr Abwechslung als bei Radio Salü, das nach eigenen Angaben nur 400 “positiv getestete” Titel sendet, die sich naturgemäß recht oft wiederholen.
RSL-Sender Mettlach auf UKW 106,1 MHz (Foto: © SmartPhoneFan.de)
Besuch an beiden Senderstandorten
Nach dem Studiobesuch waren wir noch gemeinsam mit Jan Lüghausen am Senderstandort auf dem Nackberg. Kurios: Seit Radio Saarschleifenland seinen Sender selbst betreibt, darf dieser nicht mehr im Betriebsgebäude des Saarländischen Rundfunks stehen. Stattdessen wurde nun eine kleine wetterfeste Box außen am Gebäude angebracht, in der sich die Technik des Lokalradios befindet. Weiter ging es zum Sender in Mettlach, der sich auf einem normalen Wohnhaus in der Innenstadt befindet. Anders als in Merzig wird hier nicht mehr der SR-Standort mitgenutzt, was Kosten spart. Deswegen hängt die Antenne nun recht niedrig mitten im Tal. Im Gegenzug durfte RSL aber von Richt- auf Rundstrahlung umschalten, sodass sich am versorgten Sendegebiet nicht viel geändert hat.
Schade, dass solche kleinen, unabhängigen Sender wie Radio Saarschleifenland in Deutschland eher die Ausnahme als die Regel sind. Hier merkt man direkt, dass die Macher nicht nur einfach ihren Job machen, sondern mit Herzblut bei der Sache sind und das Medium Radio “leben”. Apropos: Jan Lüghausen lebt seit mittlerweile sieben Jahren von seiner Faszination „Radio machen“.
Linktipps zur FMK-Saarlandtour:
Rainer Freyer hat auf seiner Webseite "Saar-Nostalgie" hervorragend recherchierte Informationen rund um die Geschichte des Saarlandes zusammengestellt, u.a. auch zur saarländischen Radio- und Fernsehhistorie. Dank freundlicher Genehmigung von Herrn Freyer wurden mir für diesen Artikel verschiedene Auszüge von seiner Website gestattet!
Viele weitere Geschichten und Anekdoten rund um den Saarländischen Rundfunk
Zum Abschluss der Saarland-Reise Mitte April 2019 – Fahrt zur Saarschleife © Sascha Scholz
Autoren:
Rainer Freyer - http://www.saar-nostalgie.de
Markus Weidner - https://www.smartphonefan.de/
Thomas Kircher - https://fmkompakt.de
Mitarbeit:
Jörn Krieger http://www.newsinfo.de/ und Erhard Pitzius https://laut.fm/radio66
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