Peter Bertelshofer
Interview mit Peter Bertelshofer, dem „Macher“ von Radio 2DAY München am 06.08.2016 - Not just more of the same -
Radio 2DAY 89,0 München kann man getrost als eine von ganz wenigen Vorzeige-Stationen in Deutschland bezeichnen. So ist man eines der allerletzten Privatradios, welches noch keiner Verlegerkette angehört und auch bis heute „Berater-resistent“ ist. Positiv resultierend daraus besitzt der Sender 100 % Wiedererkennungswert und das sowohl von der Musikauswahl und großen Rotation, als auch durch das sympathische Auftreten der Moderatoren/innen.
Peter Bertelshofer hat die Münchner, aber natürlich auch Deutsche Radioszene hautnah miterlebt, wie kaum ein anderer. Viele Stationen sind mit hohen Erwartungen und Ankündigungen gekommen und viele wiederum sang- und klanglos verschwunden. Peter Bertelshofer ist mittlerweile einer der letzten Münchner Radiopioniere, welcher bis heute auf Sendung ist. Und das Schöne: MIT ERFOLG !
Ganz bewusst macht man Radio gegen den Mainstream, keine Abzockespiele oder „immer lustige Moderatoren“ dafür ist 2DAY bewusst Heimatverbunden. Man traut dem Hörer zu, dass dieser während der Sendung auch live auf Antenne sprechen darf. Peter Bertelshofer hat das Geschick und Gespür Radio zu machen, bei dem das Zuhören Freude bereitet.
Also allerhöchste Zeit für FM Kompakt, um sich mit Peter Bertelshofer und FMK-Lesern an einem urigen Platz (Paulaner am Nockherberg) in einem ruhigen Nebenzimmer zu treffen, um mehr von seiner beeindruckenden Radio-Vita zu erfahren.
Durch welches Erlebnis wurde in Ihnen der Radio-Virus geweckt und wie wurden Sie dann selbst Radioaktiv ?
Den entscheidenden Eindruck bekam ich bei einer USA-Reise mit den Eltern im Jahre 1973 nach New York. Die Vielzahl an empfangbaren Radio- und TV-Stationen faszinierte mich. Da wurde mir erst klar, welche Möglichkeiten überhaupt machbar sind.
Mit großem Interesse verfolgte ich den Start der ersten privaten Radio-Gehversuche in Deutschland. Ich habe mich dann 1983/1984 auf die öffentliche Ausschreibung der neuen UKW-Frequenzen in München beworben. Bei der Münchner Gesellschaft für Kabelkommunikation habe ich den Antrag gestellt. Bewerben konnte sich übrigens Jeder. Zur damaligen Zeit war ich Student.
Die Anträge wurden gesichtet, meiner kam in die engere Auswahl und ich musste diverse Details nachreichen: z.b. ein 7 Tage - 24 Stunden Programmschema, Technikangaben, Finanzplanung, wann rechnet man mit dem Break Even, etc.
Meine Vorstellungen im Detail verfasste ich auf 120 Schreibmaschinenseiten! Damals war ich einer von knapp 1000 Bewerbern!
Wie kann man als Student ein privates Radio machen?
Meine Mutter hatte etwas Erspartes – und zwar genau 100.000 DM, welche sie mir gehliehen hat. Ich selbst hatte 5000 DM. Also hatten wir mit einem Startkapital von 105.000 DM losgelegt. Deshalb war lange Zeit auch die Mutter in der GmbH beteiligt. Noch heute ist der Sender ein Familienbetrieb. Die Mutter verstarb vor über 15 Jahren – jedoch sind die beiden Kinder und ich Inhaber von Radio 2DAY (3 Mann GmbH).
Wann ging Radio 2DAY auf Sendung ?
Am 25. September 1985 startete 2DAY auf der Frequenz 92,4 MHz. Hier waren bereits 4 Stationen im Frequenzsplitting zu hören. 2DAY kam zusammen mit drei weiteren Anbietern hinzu (es handelte sich dabei um die „Südtiroler“ Radio C, Radio Brenner und M1). Besonders verwirrend war, dass die Anbieter ständig die Sendezeiten rotierten.
Am 01.04.86 gab es für 2DAY einen Frequenzwechsel auf 95,5 MHz mit einer erstmals täglichen festen Sendezeit und zwar von 21:00 Uhr bis 01:00 Uhr.
Am 11. April 1988 gab es dann den Wechsel auf die 89,0 MHz, welche bis heute genutzt wird.
Wie kam es zum Namen „Radio 2DAY“ ?
Mir wurde bereits zu Beginn gesagt, dass Anträge nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie sich von den anderen unterscheiden. Der Programmkoordinator des Kabelpilotprojektes sagte bereits vor der Bewerbung zu mir: „Not just more of the same“ Deshalb wollte ich dies auch im Namen widerspiegeln. Ursprünglich war eine durchgehende Doppelmoderation vorgesehen, bzw. wurde anfänglich auch durchgeführt. Deshalb „ Radio - die Zwei“. Als dies Helmut Markwort mitbekam, legte er sein Veto ein. Denn es gab eine Zeitschrift seines Verlages, welche „Die Zwei“ heißt. Deshalb änderte man den Namen kurzfristig auf 2DAY.
Peter Bertelshofer erinnert sich schmunzelnd:
„Im September 1985 haben dann viele Amis, aber auch Englischlehrer angerufen, mit dem Hinweis: „Es heißt Today und nicht TWOday“. Doch damit war der Zweck erreicht, wir vielen auf.
Erinnern Sie sich noch an den ersten Titel zum Sendestart ?
„Rock you like a hurricane“ von den Scorpions. Lachend fügt er hinzu: „Da wusste die Konkurrenz sofort: Da geht der Rauch auf J“
Aus wieviel Musiktiteln besteht die Playliste?
Wir haben ungefähr 3000 Musiktitel in der Rotation.
Radio und Berater – ein leidiges Thema – welches das Radio in Deutschland leider oftmals von Nord nach Süd gleichklingen lässt. Wie steht Peter Bertelshofer dazu?
Berater brauche ich keine, denn ich habe mich intensiv mit der Sache beschäftigt. Auch hier erinnere ich mich an die Ausschreibung, die ich mir zum Motto gemacht habe: Not just more oft the same
Unser Programm ist stark an die Musik des einstigen AFN orientiert (Funk und Soul), aber auch Rock-Titel sind fester Bestandteil. Beide Genres werden heutzutage im Privatfunk kaum gespielt. Phil Collins ist da schon fast (Hard)rock.
Zur Moderation kann ich sagen, dass es in München nicht immer hochdeutsch sein muss. Hier heißt es nicht „Ratt“, sondern „Rad“. Ganz wichtig, dass der Moderator zur Wies`n Zeit „Die Mass Bier“ richtig aussprechen kann.
Hatten vor dem Münchner Privatradio Kontakt zu den Südtiroler Stationen ?
In der Fachzeitschrift „Funkschau“ wurde über Jo Lüders und dessen Aktivitäten von Südtirol aus berichtet. Jo war ja, genau wie ich es bin, Amateurfunker. Ich installierte eine 3 Element-Yagi und empfing tatsächlich in München Jo`s Radiosendungen.
Enge Kontakte hatte ich zu Alfred Scholz, dem Finanzier von Radio Brenner. Dieser lud mich auch in die Schwalbeneggasse nach Sterzing ein. Damals überlegte ich mir, selbst Radio von Südtirol aus zu machen. Ich besorgte mir bereits die Stempelpapiere, um Radio von Italien aus zu starten. Doch erstmal das Studium abzuschließen und die Tatsache, dass in Deutschland Privatradio kommen wird, lies mich von der Idee, von Südtirol aus aktiv zu sein, Abstand nehmen.
Gab es Überlegungen 2DAY auch an anderen Standorten aufzuschalten ?
Wien und Regensburg waren mal ein Thema. Doch wir wollten uns nicht zu sehr verzetteln und ich bin heutzutage froh, dass wir uns auf München konzentriert und gegenüber vielen Anderen damit auch durchgesetzt haben.
Über 30 Jahre 2DAY – die besonderen Momente……
Jeder Anruf, bei dem mir die Leute sagen, dass Ihnen unser Programm gefällt, tut unglaublich gut. Das ist der Lohn unserer Arbeit. Auch deshalb sind wir telefonisch erreichbar und haben keinen Anrufbeantworter.
Da fällt mir ein ganz besonders amüsanter Augenblick ein. Vor einigen Jahren war ich im Klinikum Großhadern zur Untersuchung. Der Professor fragte mich, was ich beruflich mache. Ich wollte nicht „Rundfunkveranstalter“ sagen, das klingt immer so nach Gaukler. Deshalb versuchte ich ihm zu erklären: „Ich betreibe einen privaten Radiosender, kennen Sie vielleicht, der heißt Radio 2DAY und befindet sich ganz links auf der Radioskala……“. Da unterbricht mich der Professor und sagt: „ Ja freilich kenn ich 2DAY. Ich höre Ihren Sender immer wenn ich operiere. Am Fenster steht ein Kofferradio. Die Kollegen hören oft Klassik, doch ich höre 2DAY. Da wird nicht soviel gelabert und ihr spielt obendrauf meine Lieblingsmusik“. So lernt man seine Hörer kennen.
Als Negatives Erlebnis blieb nur wenig in Erinnerung. Es gab zum Glück nicht soviel. Das Frequenzsplitting mit Lora vielleicht, das war doch eine sehr anstrengende Zeit.
Wie haben Sie sich im Lauf der Jahre als Sender, der nur Stundenweise im Frequenzsplitting zu hören war, gegenüber vielen Mitbewerbern durchgesetzt und bieten nun schon längst 24/7-Radio auf der eigenen Frequenz
Rudolf Mühlfenzl war für kleine Anbieter nicht gut. Doch ich hatte das Glück, einen guten Rechtsanwalt zu haben. Dieser war Pressefachanwalt, zudem hat ihn das Thema sehr interessiert. Wir gemeinsam haben es geschafft, als anfänglich kleine Firma zu bestehen und nicht von einem Großverlag aufgesaugt zu werden. Dieser Anwalt hat es mit vielen Kraftanstrengungen verbunden durchgeboxt, dass 2DAY damals nicht aufgelöst wurde. Nach und nach gaben die anderen auf und verschwanden von der Bildfläche.
Erzählen Sie uns ein wenig zu Ihrem Hobby, dem Amateurfunk:
Seit 1975 bin ich Amateurfunker. Die Technik ist ähnlich – FM/AM – und der Amateurfunk ist bis heute meine Leidenschaft, die ich noch immer gerne ausübe und mir die Zeit dafür nehme. Soweit mir bekannt, bin ich neben Jo Lüders der einzige aktive Amateurfunker, der in Bayern Radio betreibt/betrieb. Mein Vorteil in Bezug auf „Radiomachen“ war das vorhandene Verständnis zur Technik. Dies hat mir vor allem bei der Studioeinrichtung viel gebracht.
Wie sehen sie die Zukunft des Mediums „Radio“?
Nach dem Motto „Never change a running system“ hoffe ich, dass UKW nie abgeschaltet wird. Gegenüber DAB+ habe ich eine eher düstere Einstellung. Der große Vorteil von UKW: Rauscheinbrüche sind möglich, doch bleibt der Sender empfangbar. Im Gegensatz zu DAB+: Hier ist der Empfang möglich, oder eben überhaupt nicht hörbar. Für Lokalsender ist Internet keine Zukunft.
Auf unseren Internetstream bekommen wir doch recht oft Rückmeldungen: Unter anderem schreiben Soldaten vom Kundus E-Mails. Überhaupt kann man sagen, dass wir Bayernweite Rückmeldungen auf unseren Webstream bekommen. Die meisten davon sind Personen, die 2DAY kennen, bereits gehört haben und umgezogen sind
Interessanterweise bekommen wir auch immer noch Reaktionen von UKW-Hörern. Immer wenn Überreichweiten auf UKW stattfinden, senden uns DX `er Empfangsberichte mit der Bitte um Bestätigung per QSL-Karte. Wir bestätigen diese sehr gerne.
Wann gibt es Live-Sendungen bei 2DAY?
Unserer moderierten Sendungen starten werktags um 05 Uhr und enden um 21 Uhr. An den Werktagen haben wir 5 Schichten und am Wochenende 3 Schichten, an denen wir jeweils Live on Air sind.
Digital Classics, auch Berthelsofer 2.0 genannt, ist Ihr Digitales „Kind“ – erzählen Sie uns etwas zu diesem Projekt
Digital Classics bringt, ähnlich wie 2DAY, eine wahre Wundertüte an Titeln der Musik-Geschichte. Wie gesagt, in meinen Augen, ist DAB+ ist schon längst gescheitert. Digital Classics wird bezuschusst und läuft praktisch nebenher. Es gibt eingespielte Voicegetrackte Ansagen, inklusive Nennung der exakten Uhrzeit. Diese konkreten Zeitangaben sind dank eines ausgetüftelten Systems, aber auch dank unendlich eingesprochener Zeitansagen möglich.
Haben Sie noch Kontakt zu den Machern von damals?
Die meisten existieren nicht mehr, bzw. sind eingeschlafen. Übriggeblieben ist Georg Dingler von Radio Gong. Mit ihm treffe ich mich auch immer mal wieder.
Denken Sie schon an Ihren Ruhestand?
Nein, ich mache so lange ich kann. Und das akzeptiert auch mein Sohn genau so
Peter, ganz herzlichen Dank für das Interview ! Weiterhin viel Erfolg mit Radio 2DAY. Danke, für diese unverwechselbare Perle im Deutschen Radiomarkt.
Ein langer, informativer und sehr lustiger Abend ging langsam zu Ende…….. Danke an Peter Bertelshofer
Bilder dank Andreas Knedlik und Wolf-Dieter Roth
Thomas Kircher
fmkompakt.de
Das Interview gibt es übrigens auf der Seite von digiandi.de unter der Rubrik "Zeitzeugen" zum nachhören !
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