Benjamin Rotzler
Benjamin Rotzler begann seine Karriere bei Radio Fortuna im Jahr 1979. Bei dem deutschsprachigen Touristenradio an der italienischen Riviera war Benjamin bis zum Herbst 1983 als Moderator und Redakteur tätig. Danach war er bei Radio 44/UFA Radio und dem Verlegerradio 1 in München auf Sendung. Weiter ging seine Laufbahn bei Radio Hamburg, Radio OHR/Offenburg und Radio DU. Seit 1991 ist er bei Radio WMW (NRW-Lokalradio für den Kreis Borken/Westmünsterland als stellvertretender Chefredakteur im Einsatz. Im Mai 2020 unterhielt sich Thomas Kircher von FM Kompakt mit Benjamin Rotzler über seine bewegte und sehr interessante Radio-Vita.
Benjamin Rotzler - von Radio Fortuna bis Radio WMW
- Wie kamst Du zum Rundfunk? Wann und durch was wurdest Du vom Radiovirus infiziert?
Ich bin von Hause aus sehr musikalisch. Ich spiele Mundharmonika und Schlagzeug. Außerdem war ich schon immer ein "Radiofan". Als Kind habe ich gerne Radio Luxemburg gehört, später andere Sender. Durch einen Zeitungsbericht in meinem damaligen Wohnort Wesel wurde ich auf Hardy Schracke und Bernd Veelmann aufmerksam, die in Italien ein Radioprojekt betrieben. Mit Namen RADIO FORTUNA. Hardy Schracke, sein damaliger Geschäftspartner Bernd und sein Cousin Jürgen waren neben Paul Huber die Gesellschafter von Radio Fortuna. Sie hatten die Idee für das Touristenradio in Italien. Da habe ich meine Chance gesehen und mich um ein Praktikum beworben - das war im September 1979 - damals war ich 17 Jahre jung und war gerade dabei mein Fachabi zu machen. Neben dem Lernen bin ich dann in meiner Freizeit immer ins Studio der Beiden gefahren und habe fleißig Radiomachen geübt. Nach einigen Probesendungen durfte ich Ostern 1980 das erste Mal mit nach Italien zu Radio Fortuna nach Laigueglia. Dann nochmal im selben Jahr in den Sommerferien. Von da an gehörte ich zur festen Moderatoren-Riege. Denn ich hatte mich entschieden, nach meiner Schulzeit nicht zu studieren, sondern erstmal bei Radio Fortuna berufliche Erfahrungen zu sammeln. Das habe ich dann bis zum Ende der Station, im September 1983, getan. Radio Fortuna war eine Gemeinschaft von Erfahrenen und Neulingen am Mikrofon. Das machte den Reiz aus. Learning by Doing. Wir hatten einen Moderatorenstamm zu dem ich mich zählen durfte und "Gastmoderatoren", die ihren Urlaub in der Station verbrachten und dann moderierten. Unter anderem gehörten Jürgen Kauer oder Armin Mothes dazu. Jürgen hatte in Berlin seinen Hauptjob und Armin machte noch Radio Gloria am Gardasee nebenher. Hardy und Bernd hatten in Voerde-Friedrichsfeld bei Wesel und in Millingen bei Rees zwei Discotheken, mit denen sie hauptsächlich ihr Geld verdienten. Radio Fortuna hielt sich gerade so über Wasser mit wenigen großen Mediapartnern u.a. Fiat und Reemtsma R 6. Hinzu kamen Werbekunden aus Düsseldorf und dem Raum Wesel, und natürlich italienische Kunden, wie Hotels, Discos, Läden und Restaurants. Diese stammten hauptsächlich aus Ligurien und der Toskana. Wir machten Musik für Touristen und Residenzler - schätzungsweise über 1 Million Hörer entlang der Mittelmeerküste - bei Überreichweiten bekamen wir sogar Anrufe und Postkarten aus Barcelona und Marseille. Es war eine verrückte Zeit - aus der ich manche Erfahrung für später gezogen habe. Wir waren fröhlich und brachten auch Infos aus der Heimat nach Italien. 1984 habe ich dann mein Volontariat als Radio- und Fernsehjournalist beendet. Und dann gings richtig ab...
- Deine erste Single im Radio?
Ich kann mich noch gut daran erinnern, das war schon damals ein Oldie, und zwar "In the Ghetto" von Elvis Presley.
- Nach Radio Fortuna hast Du den Sprung in die Münchner Privatradioszene geschafft. Du warst bei Radio 44 und Radio 1. Deine Erinnerungen an die Goldgräberstimmung und Pionierzeiten in München
Jürgen Kauer hat mir 1985 den Sprung nach München ermöglicht. Die brauchten da zu Beginn viele Moderatoren. Da waren wir "Urlaubsradiomacher" natürlich erste Wahl. Ich habe im Studio in der Schellingstraße 44 in Schwabing in einer Jugendstilvilla Radio 44 und UFA Radio gemacht. Abwechselnd mit Thomas Weigt und Rainer Schauberger den Morgen moderiert, aber auch am Nachmittag eine Sendung für Jugendliche, nach mir war dann immer Freddy Kogl dran - der "King" of Radio in München damals. Bei UFA Radio lernte ich Barbara Dickmann kennen, die ich von den Tagesthemen kannte und Horst Jüssen, der Klimbim Schauspieler, beide haben mich "geformt". Und Dr. Thomas Walde, der damals bei der UFA gelandet war, nachdem er beim Stern wegen der "Hitler-Tagebücher" abtauchen musste. RADIO 1 war 1986 meine letzte Münchener Adresse. Unter Peter Niedner habe ich dort alles Mögliche moderiert - auch an Wochenenden. Spannend war das Studio in Unterföhring - angenmietet vom ZDF - Tür an Tür mit dem BR - in unseren Nachbarstudios moderierten Thomas Gottschalk und Günther Jauch.
- Nach München zog es Dich weiter in die Republik - Deine weiteren Stationen?
Zu Radio Hamburg kam ich 1987 - weil Dr.Thomas Walde sich an mich erinnerte und sagte: "Der Benny muss nach Hamburg kommen, ich habe da ne Aufgabe für ihn." Und diese Aufgabe war das Nachtprogramm - der "Nachtflug". Von Mitternacht bis zum nächsten Morgen 5 Uhr. Da habe ich ganz viele tolle Momente erlebt. Eines Abends kam eine Platte mit Schnittchen aus dem Hotel Atlantic - das war übrig geblieben von nem Bankett und der "Nachtdienst" im Atlantic wollte sich damit bei mir für die tolle Nachtunterhaltung Abend für Abend bedanken. 1988 machte ich einen Ausflug nach Offenburg zu RADIO OHR. Die haben Leute gesucht, ich habe mich beworben und die haben mich genommen. Da bin ich dann für 2 Jahre tätig gewesen. Hat mir Spaß gemacht, weil meine Familie ursprünglich aus Emmendingen bzw. Villingen-Schwenningen stammt und der Schwarzwald mein Urlaubsgebiet Nummer 1 war in meiner Kindheit.
1990 begann dann auch in NRW der Privatfunk. Am 1. April 1990 ging RADIO DU auf Sendung. Der damalige Chefredakteur Karsten-Uwe Piper kannte mich aus meinen Hamburger Tagen. Wir haben uns in Duisburg bei einem Treffen des DJV wiedergetroffen (DJV-Deutscher Journalistenverband) und da hat er mich gefragt, ob ich nicht die Frühsendung übernehmen möchte - den "Stadtwecker". Da habe ich nicht lange gefackelt und "Ja" gesagt. So kam es, dass ich der erste Morgenmoderator im NRW-Lokalfunk wurde. Leider nur als freier Mitarbeiter. Und jetzt kommts: Eines Tages hat mich Reiner Mannheims gehört, der Chefredakteur des Borkener Lokalradios RADIO WMW. Ihm fehlte noch ein Entertainer in seiner Journalistentruppe, mit Radioerfahrung. Und dann haben wir verhandelt: Ich bekam ne Festanstellung und den Job des Stellvertretenden Chefredakteurs. Im November 1991 hab ich den Vertrag unterschrieben und bin bis heute bei diesem Sender. Wir gehören zu den erfolgreicheren der insgesamt 44 Lokalradiostationen in NRW. Viele Jahre habe ich die Morgensendung gemacht und geprägt. Inzwischen bin ich mehr administrativ tätig, moderiere aber ab und zu noch den Nachmittag oder am Wochenende.
Benjamin Rotzler bei Radio DU
- Deine schönste( n ) Radioerinnerung(en) - bestehen noch Kontakte zu den "Ehemaligen"?
Meine schönsten Jahre waren die in Italien und natürlich bei meinem jetzigen Radio - RADIO WMW. Bei dem ich im November 28 Jahre tätig bin. Kontakt zu den alten Kollegen in München und Hamburg habe ich noch durch Facebook und Co. - die Duisburger Kollegen haben ne WhatsApp Gruppe für Ehemalige eingerichtet, in der wir Bilder etc. austauschen; von den Fortuna Kollegen habe ich noch zu Hardy, Werner, Danny und natürlich Jürgen Kauer Kontakt - wir sehen uns regelmäßig oder telefonieren und besuchen uns gegenseitig.
- Du hast die Entwicklung des deutschen Privatfunks hautnah miterlebt. Was hat sich geändert, wie siehst Du die Entwicklung?
Das Radio von heute hat sich verändert zu früher. Es ist stärker formatiert. Freiheiten gibt es kaum. Aber auch die Hörer legen heute auf andere Dinge wert. Social Media verlangt mehr Geschichten "behind the scenes". Aber das DJ orientierte Radio, an der Persönlichkeit des Moderators festgemacht, ist wieder im Kommen. Wir Moderatoren müssen und sollen Haltung zeigen - wir senden auf Augenhöhe mit unseren Hörern. Nehmen sie ernst. Geben ihnen das Gefühl, für sie machen wir das Ganze.
- Welche Sender hörst Du heutzutage - wie siehst Du die Zukunft des Mediums?
Nach wie vor höre ich gerne SWR 3, oder auch HR 3. Wenn ich mal dazu komme. Ich denke, gestreamtes Radio hat neben UKW große Chancen auch in Zukunft. DAB plus ist nicht massenkompatibel. Einen PC hat jeder oder ein Handy. Radio lebt und ist nicht totzuktriegen. Gerade jetzt in den schwierigen Coronazeiten ist Radio der Treffpunkt für Alle - jung und alt.
FM Kompakt: Benjamin, vielen Dank für das Interview und für Deine tollen Erinnerungen!
Benjamin Rotzler im Studio bei Radio Fortuna in Italien
Sämtliche Bilder dank Benjamin Rotzler/Copyright
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