Maria-Theresia von Seidlein
Maria-Theresia von Seidlein : FMK im Interview mit der ehemaligen M 1 - München Geschäftsführerin
1.) Zuerst steuerte in München ja Christoph Schmitz die Geschicke des Senders. Wie kamen Sie zu Radio M 1 – war der Sender auch via Südtiroler Schwarzenstein bereits ein Begriff für Sie ?
Ich kam 1983 nach 1 Jahr Praktikum bei CNN aus USA zurück und war beflügelt von den Möglichkeiten des privaten Fernsehen ( v.a. Kabel TV) in USA. In Deutschland wurde über die Zulassung privaten Rundfunks diskutiert. Ich war mehrere Monate für den neu gegründeten privaten Radio Sender Neue Welle tätig und mit der Führung des Unternehmens v.a. durch CSU Politiker sehr unzufrieden. Durch Zufall erfuhr ich in einem Restaurant von der Möglichkeit den ehemaligen Piratensender Radio M1 zu erwerben. M1 hatte eine Lizenz im Rahmen des Münchner Kabelpilotprojekts erworben und war gerade dabei, den Sendebetrieb aus Südtirol ( erzwungenermaßen) einzustellen. Mit der finanzielle Unterstützung von meinem Vater und Gunther Oschmann ( Gelbe Seiten, Nürnberg) konnte ich die GmbH übernehmen. Christoph Schmitz hatte ich einige Monate zuvor kennengelernt, als ich mich über die neuen privaten Kabelsender in München informierte. Nach dem Verkauf des Senders war er nicht mehr für Radio M1 tätig.
2.) Radio M 1 war ja eine Lichtgestalt des Deutschen Privatfunks. Sowohl von der unverwechselbaren Musik, als auch den Moderatoren: Beides mit 100 % Wiedererkennungswert - Weshalb konnte M 1 trotzdem nicht bestehen bleiben ?
Radio M1 GmbH musste sich nach Freigabe der terrestrischen Frequenzen die Frequenz 92,4 mit erst vier, dann sechs anderen Radio Anbietern teilen. Die unnötige Verknappung der terrestrischen Radiofrequenzen war v.a. von Bayerischen Rundfunk forciert, um den Wettbewerb klein zu halten. Wurde aber auch von der Bayer. Staatskanzlei unterstützt, um die Zahl der Anbieter kontrollierbar zu halten und die Zeitungsverleger möglichst umfangreich zu bedienen.
Kleine private Anbieter wie Radio M1 od. Radio Xanadu waren zwar die erfolgreichsten – sowohl in der Publikumsakzeptanz , wie auch im Werbezeitenverkauf - mussten aber ihre Einnahmen mit weniger erfolgreichen Anbietern ( v.a. auf Seiten der Zeitungsverleger) teilen. Um finanziell zumindest kostendeckend zu sein, musste man mindestens 12 Std. am Stück bedienen können. Erst Anfang 1988 gelang es mir, in Verhandlungen mit Rudolf Mühlfenzl dem Direktor der MPK, den Grossteil der Frequenz zugesprochen zu bekommen. Zu diesem Zeitpunkt wäre ein weiteres Investment von mehreren hunderttausend DM notwendig gewesen , um die erweiterte Sendezeit von M1 zu finanzieren. Ich war inzwischen verheiratet und im Febr. 1988 wurde mein erster Sohn geboren , im März 1989 meiner zweiter Sohn . Diese Doppelbelastung führte dazu, dass ich vor den Aufgaben kapitulierte und den grössten ( wirtschaftlichen ) Fehler meines Leben beging und meine Anteile an der Radio M1 GmbH an Gunther Oschmann verkaufte. Dies wurde auch dadurch forciert, dass Oschmann als Mehrheitsgesellschafter den Plan hatte, das Rockformat einzustellen und ein Volksmusik und Schlagerformat einzuführen. Ein Vorstellung, die mir jegliche Freude an der Beteiligung nahm.
3.) An welche Ereignisse erinnern Sie sich besonders gerne in der M 1 Geschichte zurück ? – Was würden Sie rückblickend evtl. anders machen ?
Ich erinnere mich gerne an die Aufbruchstimmung, das junge und unkomplizierte Team und unsere völlig unprofessionelle aber dennoch kreative Herangehensweise. Natürlich würde ich heute fast alles anders machen : ich würde für ausreichende Finanzierung sorgen, professionelle Technik und Abläufe organisieren und vor allem würde ich auf keinen Fall mehr verkaufen !
4.) Die Glanzzeit von M 1 war ja sicherlich, dass man ab April 1988 endlich den deutlichen Hauptanteil der Sendezeit auf der 92,4MHz erhielt. Nach der langen Durststrecke zuvor (Kabel und Frequenzsplitting auf UKW) war es dann doch sehr erstaunlich, dass man bereits im Februar 1989 M 1 abschaltete ? Was passierte, dass man innerhalb dieser recht kurzen Zeit das “Handtuch” warf ?
Nachdem ich meine Anteile an Oschmann verkauft hatte, wandelte dieser Radio M1 mit dem legendären Rockformat, zu einem Schlager- und Volksmusiksender um. Wenig später wurde auch die Frequenz von 92,4 auf 105,2 gewechselt. Aus Radio M1 wurde Radio Arabella!
5.) Wie war nach M 1 Ihr persönlicher Werdegang ?
Ich arbeitete zuerst als Freelancerin für die Welt am Sonntag. Anschließend war ich für die RTL Sendung „ Inside Bunte „ als Redakteurin tätig. 1992 gründete ich mit dem ehemaligen Radio M1 Redakteur Georg von Langsdorff die S&L Medienproduktion GmbH, die wir bis 2010 zu dem deutschen Markführer für Kino und- Entertainment Marketing aufbauten. 2010 übernahm ich die Anteile von Georg von Langsdorff und führe das Unternehmen seitdem gemeinsam mit zwei Geschäftsführern.
6.) Interessieren Sie sich heutzutage noch für Radio ? Welche Sender hören Sie aktuell ? Wie hat sich nach Ihrer Sicht die Privatradiolandschaft in Deutschland verändert ?
Klar höre ich Radio und mein Lieblingssender war Relax FM, der inzwischen auch eingestellt wurde. Jetzt höre ich v.a. Energy oder einfach Queerbeet – hört sich sowieso alles gleich an. Die Radiolandschaft ist hoch professionalisiert worden, dies führt leider auch dazu, dass auf den meisten Frequenzen die Charts rauf und runtergespielt werden. Die Unverwechselbarkeit von Sendern wie Radio M1 od. Radio Xanadu ist verloren gegangen. Playlists werden zentral und von Computern erstellt, die persönliche Note des DJs geht dabei natürlich verloren.
7.) Würde es Sie nicht reizen, wieder mit M 1 (oder auch einem anderen Projekt) wieder auf Sendung zu gehen ?
Nein .. Radio ist abgeschlossen. Ich bin zu 120% mit meiner S&L Medien Gruppe ausgelastet.
FMK bedankt sich bei Frau von Seidlein herzlich für dieses Interview
Maria-Theresia von Seidlein auf YouTube
Die ehemalige Geschäftsführerin des Münchner Rocksenders M 1 im Interview, als Mitglied im HVB Frauenbeirat und eine von sechs Mentorinnen im HVB Gründerinnen-Mentoring. Im Video erklärt sie, warum Frauen anders ticken als Männer -- und warum es so wichtig ist, dass Frauen Frauen helfen.
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