13 Fragen an den Südtiroler Radiopionier Dr. Hubert Egger. Dieser war u.a. lange Zeit Mitarbeiter bei Radio Nord in Bozen. Die Station stellte 2019 den Sendebetrieb endgültig ein und gehörte zu einem der Südtiroler Urgesteine. Schließlich war man seit 1977 auf Sendung. Hubert Egger wirkte aber auch in der Österreichischen Medienszene mit. Im Januar 2020 unterhielt sich Thomas Kircher (www.fmkompakt.de) mit ihm.

Hubert Egger bei Radio Nord 2010 (© Dr. Egger)

 

  1. Hubert wann und wodurch wurden Sie vom Radio-Virus infiziert?

Das Medium Radio hat mich bereits als Kind fasziniert. Ich wollte damals unbedingt wissen, wie denn die Menschen in das kleine Gerät gelangen, aus dem sie dann heraussprechen. Die Faszination für elektromagnetische Wellen, die ich später im Physikunterricht als Träger für die menschlichen Stimmen kennenlernte, haben meinen Berufsweg geprägt.

 

  1. Wie kamen Sie zum Medium “Radio” – was war Ihre erste Station?

Während der Oberschulstufe in den Jahren 1978-1984 habe ich mich bei verschiedenen Radiostationen als freier Mitarbeiter beworben. Meine erste Mitarbeit begann im Jahre 1982 bei Radio Nord in Bozen.

 

  1. Haben Sie rein die Technik betreut, oder auch selbst moderiert?

Bei Radio Nord habe ich mich zuerst in die Studiotechnik eingearbeitet und bekam im Alter von 17 Jahren meine erste Morgensendung „Munter mit Musik“. Diese moderierte ich zwei Jahre lang. Bald kamen Telefonwunschsendungen am Abend dazu. Nach der Matura im Jahre 1984 übersiedelte ich nach Wien, wo ich Nachrichtentechnik und dann Hochfrequenztechnik an der Technischen Universität studierte. In Wien unterzog ich mich einem kieferorthopädischen Eingriff, nahm Sprechunterricht bei Schauspielern und absolvierte ein Moderatorentraining bei Moderatoren des Österreichischen Rundfunks. Noch während meines Studiums betreute ich bei Radio Nord Sendeanlagen und unterstützte gelegentlich auch andere Radiostationen in Südtirol im technischen Bereich.

 

Hubert Egger 1987 für Radio Nord (@ Dr. Egger)

 

  1. Für welche Stationen waren Sie im Einsatz?

Südtirol:

1982-2018: Radio Nord in Bozen (Moderation und Technik) Bei Radio Nord war ich also insgesamt 36 Jahre als freier Mitarbeiter tätig. Zum Schluss habe ich Sendungen für Radio Nord nur mehr in Wien produziert.

1982-1984 Unterstützung verschiedener Radiosender im technischen Bereich (zum Beispiel Radio S3 in Brixen)

Österreich:

2000 – 2015: Radio Orange in Wien (Moderation und Technik)

1995 – 2007: RMI-Nachrichtenagentur in Südtirol (Unterstützung der Korrespondententätigkeit bei Themen aus Wien)

2005-2007: Radio 89.6 in Bruck an der Mur/Obersteiermark (Moderation)

2006-2007: A1 Radio in Judenburg/Obersteiermark (Moderation)

2006-2007: Mema TV in Leoben/Obersteiermark (Off Sprecher)

2010 – 2015: ORF Radio Ö1/Wien (Aufnahmetechnik)

  1. Diverse Stationen aus Südtirol bestrebten den süddeutschen Radiomarkt zu erreichen – gab es diese Überlegungen auch bei Radio Nord?

Nein, derartige Überlegungen gab es nie. Radio Nord wollte immer ein lokaler Musiksender bleiben und hat versucht den Musikbedürfnissen von kleineren Gruppen gerecht zu werden.  

 Produktionsstudio von Radio Nord im Jahre 2001 (© Dr. Egger)

 

  1. Die Radio-Vielfalt in Südtirol wird überschaubarer. In den letzten Jahren haben mit Tele Radio Vinschgau und nun auch Radio Nord weitere Stationen den Sendebetrieb eingestellt. Wie hat für sich für Sie die Radio-Landschaft in Südtirol entwickelt?

Die Radiolandschaft in Südtirol ist für mich zweifelsfrei professioneller geworden. In der computerunterstützten Abwicklung der Programme finden sich kaum Pannen. Vielfalt und Individualität hingegen haben mit der kommerziellen Ausrichtung stark abgenommen. Aus diesen Gründen imitieren Radiosender oft andere Radiosender mit hohen Einschaltquoten. 

  1. Radio Nord war einer der ersten Privatsender in Südtirol. Wann erfuhren Sie vom Verkauf des Senders – was haben Sie bei dieser Nachricht empfunden?

Der Entschluss wurde mir umgehend mitgeteilt. Das war im Jahre 2018. Ich habe nicht nur Verständnis für diesen Schritt empfunden, sondern auch Wertschätzung für den außergewöhnlichen Idealismus verspürt, den sich die Inhaber seit der Gründung von Radio Nord im Jahre 1977 bis zum Schluss bewahrt haben.

  1. Wie war Ihr Werdegang nach der Radioaktiven Zeit?

Auch wenn mich das Medium Radio seit meiner Kindheit fasziniert und aus Bekanntschaften in der radioaktiven Zeit gewinnende Freundschaften entstanden sind, sollte bewusst nie ein Vollzeitberuf daraus werden. Meinen beruflichen Hauptfokus habe ich auf die Medizintechnik gerichtet. Ein Thema, das besonders Nachrichtentechniker anspricht und mich bei der Übertragung und Entschlüsselung von Informationen zwischen Gliedmaßen-Prothese und Gehirn vor wichtigen Herausforderungen stellt. 

  1. Würden Sie noch heute gerne beim Rundfunk aktiv sein?

Gelegentlich werde ich eingeladen, bei einer Sendung mitzuwirken, einen Radiobeitrag zu gestalten oder mich als freier Mitarbeiter einzubringen. Wann immer es die Zeit erlaubt, sage ich zu. Eine regelmäßige Mitarbeit ist mir aber inzwischen aus Zeitgründen nicht mehr ganz so leicht möglich. Oft werde ich aber eingeladen, um zu Fragestellungen im Bereich der Medizintechnik Stellung zu nehmen.

  1. Welche Sender hören Sie heutzutage?

Die meiste Zeit zum Radiohören finde ich beim Autofahren. Ein Auswahlkriterium für den geeigneten Radiosender sind dann oft die lokalen Verkehrsnachrichten über jenes Gebiet, in dem ich gerade unterwegs bin. Vor diesem Hintergrund habe ich keine Vorliebe für einen speziellen Radiosender. Tendenziell bleibe ich inzwischen aber bei Sendern mit ausführlichen Journalen, also Sendungen mit einem hohen Wortanteil hängen. Musikblöcke stelle ich mir vielfach nach meinem Geschmack im Internet mit den zugehörigen Musikvideos zusammen.

  1. Wie sehen Sie die Zukunft des Radios?

Ich bin überzeugt, dass sich das Konsumverhalten der Radiohörerinnen und Radiohörer auch weiterhin stark verändern wird. Zum einen stellen moderne digitale Übertragungstechniken ein noch nie da gewesenes Angebot an Radioprogrammen in technischer Höchstqualität zur Verfügung. Zum anderen können sich Konsumentinnen und Konsumenten mit vergleichsweise einfachen Mitteln sogar selbst hörbar und sichtbar machen und sind nicht mehr auf eine Radiostation angewiesen, wenn sie die Öffentlichkeit suchen. Das Potential der sozialen Medien ist enorm und wurde bereits mehrfach geschickt genutzt.

  1. Ihre schönsten/spannendsten Augenblicke beim Rundfunk?

Die schönsten und spannendsten Momente beim Rundfunk waren für mich der Start der ersten Schallplatte, deren Musik im Radio deswegen zu hören war, weil ich den Hebel betätigte. Andere unvergessliche Momente betreffen die Inbetriebnahme von Sendeantennen verbunden mit der Vorstellung, dass sich die elektromagnetische Wellen lautlos und unscheinbar in fahrende Autos, Wohnzimmer und Schlafzimmer platzieren. Freilich bleibt auch jener Moment unvergesslich, an dem das Mikrophon für meine erste Sendung eingeschaltet wurde. Nicht unerwähnt möchte ich erste Begegnungen mit zahlreichen Radiovorbildern lassen, die ich bis heute wegen ihrer Begabungen oder Stimme verehre.

  1. Was zeichnet für Sie eine/n gute/n SprecherIn/ModeratorIn aus?

Für mich kann ein/e gute/r SprecherIn lebhafte Bilder im Kopf erzeugen. Stimme, Sprechtempo, Betonung, Intonation usw. sind ungezwungen und lenken vom Zweck nie ab.

Ein/e gute/r ModeratorIn hingegen bleibt authentisch und behält sich Eigenheiten bei, die zu ihr/ihm gehören und die sie/ihn auch außerhalb des Studios zu einen gewinnenden Menschen machen.

 

Herr Dr. Egger, vielen Dank für das Gespräch!

https://fmkompakt.de/Hubert_Egger5.jpg

Radio Nord Logo @ (Dr. Egger)

FMK-Anmerkungen:

Hörprobe 1 Hubert Egger auf Radio Nord

Hörprobe 2 Hubert Egger für das Südtirol Journal März 2011

 

Radio Nord Bozen wurde im Jahre 1977 gegründet. Über die komplette Zeit war Karl Thalmann (ab  1980 alleiniger) Eigentümer. Er hat den Sender mit viel Begeisterung, Einsatzfreude und unermüdlichem Schöpfergeist bis zuletzt aufgebaut und betreut. Thalmann hat den Wandel der Technik und Entwicklung eines Radiosenders im Lauf der Jahrzehnte hautnah miterlebt. Von der alten Schallplatte über die CD wurde im Lauf der Jahre alles nur noch über modernste Hi-Fi Computertechnik gesteuert. In den ersten Jahren wurde der Hörerschaft sowohl ein deutsches, als auch italienischsprachiges Programm geboten. Seit 1980 sendete Radio Nord jedoch nur noch ausschließlich in deutscher Sprache. In all diesen Jahren arbeiteten zahlreiche Mitarbeiter bei Radio Nord in den verschiedenen Bereichen der Redaktion und Technik. Für einige war Radio Nord Bozen das Sprungbrett in die Karriere im öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehwesen.  Maßgebend für den jahrzehntelangen Erfolg von Radio Nord Bozen waren die Oldies und deutsche Schlager, welche schon immer einen zentralen Stellenwert bekamen. Geredet wurde bei Radio Nord Bozen nicht mehr, als unbedingt notwendig, schließlich verstand man sich primär als Musiksender.

Radio Nord Bozen-Inhaber Karl Thalmann (© Dr. Egger)

Radio Nord war auf diesen Frequenzen aktiv:

Bozen und Umgebung 105,6 MHz

Bozen und Umgebung, Unterland, Überetsch und Meran 91,9 MHz

Eisacktal und vorderes Pustertal 88,2 MHz

Der Verkauf der drei Frequenzen wird derzeit mit verschiedenen Interessenten verhandelt, wobei die älteste Sendeanlage in Bozen mit der Frequenz 105,6 MHz noch technisch saniert wird, ehe sie zum Verkauf angeboten wird. Der Webstream wurde mittlerweile eingestellt.

https://fmkompakt.de/Hubert_Egger6.jpg

Radio Nord 88,2 – Brixen (© Dr. Egger)

Autor: Thomas Kircher – www.fmkompakt.de

Der Kontakt zu Dr. Egger kam dank Wilfried Piok zustande!

 

 

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