Ado Schlier ist einer meiner Radio-Favoriten. Mit unglaublich viel Ruhe und angenehmer Stimme präsentiert er an jedem Samstag zwischen 18:05 und 19:30h "Meine Radiostunde" auf RAI Südtirol:



WÜRZBURG Mainpost v. 13.3.10:
Ado Schlier: Plauderer und Rundfunk-Legende
Ado SchlierDer Würzburger ist eine Rundfunk-Legende. Über die Rolle, die das Medium heute spielt, ist er nicht wirklich glücklich.


Er sitzt im Juliusspital vor einem Glas Rotwein und plaudert. Plaudern – es ist das, was Ado Schlier sehr gut kann, es ist das, was den mittlerweile 75-jährigen Würzburger zu einer Legende des Rundfunks gemacht hat. Im lockeren Erzählton füllte Schlier in Sendungen wie „Gute Nacht, Freunde“ und „Club 16“ die Pausen zwischen der Musik. Man kann es ebenso gut anders sehen: Die Musik füllte die Pausen zwischen Schliers Plaudereien . . .

Wie auch immer. Radio, wie Ado Schlier es gemacht hat, gibt es heute praktisch nicht mehr. Zu sehr hat sich die Medienwelt verändert. Der Rundfunk ist zum Nebenbei-Medium verkommen. Das Radio tönt beim Autofahren, es dudelt beim Bügeln und beim Abwasch, es säuselt beim Einkaufen im Hintergrund oder in der Kneipe. Und keiner hört mehr richtig zu.

Das mag auch an denen liegen, die die Pausen zwischen der Musik füllen. „Es gibt keine Radiostars mehr“, sagt Ado Schlier. Und warum? „Die Rundfunkverantwortlichen mögen keine Persönlichkeiten mehr.“ Fast klingt es, als würde einer, der in die Jahre gekommen ist, seinen Frust über die Tatsache ablassen, dass die Welt sich geändert hat. Man könnte es ihm nicht einmal übel nehmen. Doch was Schlier sagt, klingt eher nach der reflektierten Zeitkritik eines wachen Zeitgenossen als nach Frust. Massenware sei eben ein Phänomen, das nicht nur den Rundfunk im Griff habe: „Die Leute essen ja auch vorgefertigte Massenprodukte.“
Ein bisserl Nostalgie

Ein bisserl Nostalgie darf aber schon sein. „Es war eine andere Zeit, die kommt nicht wieder“, sinniert Schlier in seinen Rotwein hinein über den „Club 16“. Eine Kultsendung, die Schlier heute als „Nebenprodukt der 68er-Zeit“ charakterisiert. Da wurde Rockmusik gespielt, Pop, Jazz, all das, was die Etablierten als „Negermusik“ schmähten und was den Jungen schon deshalb gefielt, weil's die Alten nervte. Schlier, damals knapp über 30, war einer der Erfinder von „Club 16“. „Das war Anti-Format-Radio, wir waren total unkontrolliert“, sagt er und wundert sich noch heute, dass die eher konservativen Verantwortlichen beim Bayerischen Rundfunk mitspielten. „Man war an den zurückhaltenden BBC-Stil gewohnt – und jetzt kamen die Verrückten.“ Die waren durchaus fähig, nachmittags um 16 Uhr die Kommunisten-Hymne, die „Internationale“, zu spielen – „und das in der Ära Strauß!“, erinnert sich Ado Schlier lachend.

Konzept? Vergiss es! Die Spontis vom „Club 16“ gingen „mit einer Kiste Schallplatten und einer gewissen Ehrlichkeit“ (Schlier) ins Studio. Da standen drei Plattenspieler auf einem Tisch – Schlier hat die Anlage jetzt bei sich zu Hause – und manchmal auch ein Glas Wein. „Wir haben schon mal was getrunken“, erzählt der Radiomacher. Und dann meist frei von der Leber weg moderiert: „Ich habe geschliert aus allen Kanonen.“ Einmal, erzählt er schmunzelnd, haber er ins Mikrofon geraunt: „Ich grüße alle, die in der vergangenen Woche mit mir geschlafen haben.“ Die Jugend vor den Kofferradios grinste, die Eltern waren entsetzt. „Club 16“ war in Bayern Teil der Jugendkultur.

Doch auch ein 68er wird älter. Und ruhiger. „Gute Nacht, Freunde“ oder die Sonntagmorgen-Sendung „Morning Sky“ waren deutlich gediegener als „Club 16“. Geblieben war Schliers Hang – und Talent – zur gerne auch spontanen Plauderei. „Ich habe manche Sendung angefangen und wusste nicht, wie sie zu Ende geht . . .“

Ado Schlier hat sich mehr oder weniger selbst zu dem gemacht, was er ist. „Wenn die ersten Kindheitserinnerungen die Reichspogromnacht und der Kriegsausbruch sind, bist du eine arme Sau“, sagt er. Nach dem Krieg nahm der Würzburger sein Schicksal selbst in die Hand. Er packte – noch nicht ganz 18-jährig – sein Bündel, fuhr nach München und mietete ein möbliertes Zimmer. Er lernte durch das Leben, übernahm die Ansagen bei den Auftritten einer Band, jobbte in einem Musikgeschäft, schrieb für die Zeitung, rutschte ins Rundfunkgeschäft, zunächst beim ORF, dann beim deutschsprachigen Programm der italienischen RAI (für das er noch heute plaudert), schließlich beim Bayerischen Rundfunk, wo er 1971 fest angestellt wurde. Später arbeitete er, vor und hinter der Kamera, auch fürs Fernsehen: „Udo Jürgens Show“, „Karel Gott Show“, „ARD Wunschkonzert“ und anderes stehen in seinem Lebenslauf, er ist seit über 20 Jahren das Herz des Liedermacher-Treffens „Songs an einem Sommerabend“ vor Kloster Banz.

Im Lauf eines langen Lebens für die Musik hat sich einiges angesammelt. 140 000 Tonträger hortet Schlier – Bänder, CDs, Schallplatten, Hunderte davon sind Schellack-Raritäten. Mit seiner Frau zusammen hört Schlier gerne mal Barockmusik, und sein Herz schlägt noch immer für den Jazz. „Jazz war mehr als Musik. Es war eine Lebenseinstellung“, sagt Schlier über die Nachkriegsjahre, als er zum ersten Mal mit der Musik in Berührung kam, die die Amerikaner nach Deutschland brachten. „Man war suspekt, wenn man Jazz hörte.“ Gestört hat Schlier das aber nicht. Hätte er sich im Mainstream treiben lassen, er wäre nicht die Radio-Legende geworden, die „Club 16“ auf die Beine stellte und noch einiges mehr.
Von unserem Redaktionsmitglied Ralph Heringlehner


Quelle

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